Jesus wandelt auf dem Wasser

„Und er sah, daß sie sich abplagten beim Rudern, denn der Wind stand ihnen entgegen. Um die vierte Nachtwache kam er zu ihnen und ging auf dem See und wollte an ihnen vorübergehen.“ (Mk 6,48)

Hans Bayer schreibt in seinem Kommentar zu diesem Vers:

„Warum vermittelt Jesus den Anschein, an ihnen vorbeigehen zu wollen, wenn er doch (schon seit geraumer Zeit?) ihre Not sieht? Nach V. 48a beabsichtigt Jesus zumindest, seinen Jüngern in ihrer Not entgegenzugehen. Die Formulierung „er will an ihnen vorbeigehen“ kann wohl nicht im Sinn von Lk 24,28 („er tat, als ob er weitergehen wollte“) verstanden werden. Vielmehr ist sie im Sinne einer alttestamentlichen Theophanie zu fassen (Ex 33,19 oder Ex 33,22): er erweckte den Anschein, an ihnen vorbeizugehen. Die markinische Formulierung besagt, dass Jesus seinen Jüngern so „erscheint“, wie Gott dem Mose. Dies wird durch die göttliche Beschwichtigungsaussage in V. 50 (nur Mut, ich bin es; hört auf, euch zu fürchten) bestärkt. Unabhängig davon, ob „ego eimi“ hierbei als christologische Hoheitsaussage (vgl. Ex 3,14) zu verstehen ist oder nicht, vermittel das Verhalten und Rede Jesu eindeutig göttlichen Hoheitsanspruch (vgl. Hiob 9,8).“

Hans F. Bayer, Das Evangelium des Markus, Historisch-Theologische Auslegung, Witten: R. Brockhaus, 2008, S. 264.

Psalm 118: Danket dem Herrn, denn er hat wunderbar eingegriffen

Danket dem HERRN; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

2 Es sage nun Israel: Seine Güte währet ewiglich. 3 Es sage nun das Haus Aaron: Seine Güte währet ewiglich. 4 Es sagen nun, die den HERRN fürchten: Seine Güte währet ewiglich.

5 In der Angst rief ich den HERRN an; und der HERR erhörte mich und tröstete mich. 6 Der HERR ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht; was können mir Menschen tun? 7 Der HERR ist mit mir, mir zu helfen; und ich werde herabsehen auf meine Feinde.

8 Es ist gut, auf den HERRN vertrauen und nicht sich verlassen auf Menschen. 9 Es ist gut, auf den HERRN vertrauen und nicht sich verlassen auf Fürsten.

10 Alle Heiden umgeben mich; aber im Namen des HERRN will ich sie abwehren. 11 Sie umgeben mich von allen Seiten; aber im Namen des HERRN will ich sie abwehren. 12 Sie umgeben mich wie Bienen, sie entbrennen wie ein Feuer in Dornen; aber im Namen des HERRN will ich sie abwehren.

13 Man stößt mich, daß ich fallen soll; aber der HERR hilft mir. 14 Der HERR ist meine Macht und mein Psalm und ist mein Heil.

15 Man singt mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten: Die Rechte des HERRN behält den Sieg! 16 Die Rechte des HERRN ist erhöht; die Rechte des HERRN behält den Sieg! 17 Ich werde nicht sterben, sondern leben und des HERRN Werke verkündigen. 18 Der HERR züchtigt mich schwer; aber er gibt mich dem Tode nicht preis.

19 Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, daß ich durch sie einziehe und dem HERRN danke. 20 Das ist das Tor des HERRN; die Gerechten werden dort einziehen. 21 Ich danke dir, daß du mich erhört hast und hast mir geholfen.

22 Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. 23 Das ist vom HERRN geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen. 24 Dies ist der Tag, den der HERR macht; laßt uns freuen und fröhlich an ihm sein. 25 O HERR, hilf! O HERR, laß wohlgelingen! 26 Gelobt sei, der da kommt im Namen des HERRN! Wir segnen euch, die ihr vom Hause des HERRN seid. 27 Der HERR ist Gott, der uns erleuchtet. Schmückt das Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars! 28 Du bist mein Gott, und ich danke dir; mein Gott, ich will dich preisen. 29 Danket dem HERRN; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.  (Psalm 118)

Ps 118 gehört zu den sogenannten Hallel-Psalmen (Lobpsalmen), genauer gesagt zum Ägyptischen Hallel. Diese Psalmen wurden zu den großen Festen gesungen und hatten besonders beim Passah ihren festen Platz. Ps 113 und 114 sang man vor dem Mahl, Ps 115-118 nach dem Mahl.

Der Psalm beginnt mit einem Aufruf zum gemeinsamen Dank: Israel (V. 2), die Priester (V. 3), ja alle, die den Herrn fürchten (V. 4) haben seine Freundlichkeit und Güte erlebt (V. 1) und darum Grund zum Dank.

In V. 5-21 finden wir das Zeugnis eines Einzelnen, der berichtet, wie der Herr ihn errettet hat. Er dankt dem Herrn, weil er ihn in seiner Angst gehört hat (V. 5). Er weiß darum, dass der Herr in allen Lebensumständen mit ihm ist. Darum braucht er sich nicht zu fürchten (V. 6) und dadurch bekommt er eine neue, positive Perspektive auf die Zukunft (V. 7). V. 8-9 betonen, wie gut es ist, sich so fest auf Gott und nicht andere Menschen zu verlassen. In V. 10-12 wirft der Beter einen Blick auf seine Feinde, die groß und gefährlich sind. Doch der Name des Herrn ist in jedem Fall stark und mächtig genug, um gegen sie zu bestehen. In V. 13 beschreibt der Beter erneut, wie sehr er die Hilfe Gottes brauchte und in V. 14 setzt er die von Gott persönlich erfahrene Hilfe in Beziehung zu Gottes machtvollem Eingreifen im Exodusgeschehen (vgl. die Bezugnahme zu 2Mose 15,2, dem Lobgesang Moses). Gottes Eingreifen ist auch jetzt Anlass zum gemeinsamen Lob (V. 15-16) und Grund gewiss in die eigene Zukunft zu blicken (V. 17-18). Voller Zuversicht will der Beter nun in die Gegenwart Gottes treten. Dazu muss er die Tore der Gerechtigkeit durchschreiten (V. 19), durch die nur die Gerechten eintreten dürfen (V. 20). Dem Beter wird Zutritt gewährt, da er sein Vertrauen auf Gott fest bekannt hat. Als Christen denken wir daran, dass wir stets Zugang zu Gott haben – nicht wegen unserer Gerechtigkeit – sondern wegen Christi Gerechtigkeit, der stets Gottes Willen vollkommen tut (vgl. Joh 4,34).

Im Rest des Psalms stimmt offenbar wieder die ganze Gemeinschaft in den Dank mit ein. V. 22-23 betont die wundersamen Wege Gottes: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden.“ (V. 23). Gott hat das Elend des Beters wunderbar gewendet und dadurch seine Herrlichkeit demonstriert. Ganz genauso ist es bei Jesus gewesen: Er litt, wurde von den Menschen verworfen und gekreuzigt. Aber Gott hat den Sohn angenommen und gerade durch sein Leiden und vermeintliches Scheitern das Größte mit ihm vollbracht. Die restlichen Verse feiern diesen besonderen Tag und loben Gott für sein wunderbares Handeln.

  1. Wie hast du die Freundlichkeit und Güte des Herrn erlebt – heute, letzte Woche, im letzten Jahr?
  2. Wie kann der Blick auf Gott uns helfen, Ängste zu überwinden und eine neue positive Perspektive zu bekommen? Welche Rolle spielen dabei Gottes Taten in der Vergangenheit, wie sie uns die Hl. Schrift überliefert?
  3. Zinzendorf dichtete „Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid“. In welchem Bezug stehen diese Worte zu dem, was der Psalmist in V. 19-21 zum Ausdruck bringt?
  4. Wie kann Gottes Handeln am und durch den gekreuzigten Christus auch uns in jeder Situation Mut machen (vgl. auch Röm 8,32)?

Psalm 114: Wir sind Kinder des allmächtigen Gottes

„Als Israel aus Ägypten zog, das Haus Jakob aus dem fremden Volk, 2 da wurde Juda sein Heiligtum, Israel sein Königreich.

3 Das Meer sah es und floh, der Jordan wandte sich zurück. 4 Die Berge hüpften wie die Lämmer, die Hügel wie die jungen Schafe. 5 Was war mit dir, du Meer, daß du flohest, und mit dir, Jordan, daß du dich zurückwandtest? 6 Ihr Berge, daß ihr hüpftet wie die Lämmer, ihr Hügel, wie die jungen Schafe?

7 Vor dem Herrn erbebe, du Erde, vor dem Gott Jakobs, 8 der den Felsen wandelte in einen See und die Steine in Wasserquellen!“ (Psalm 114)

Ps 114 gehört zu den sogenannten Hallel-Psalmen (Lobpsalmen), genauer gesagt zum Ägyptischen Hallel. Diese Psalmen wurden zu den großen Festen gesungen und hatten besonders beim Passah ihren festen Platz. Ps 113 und 114 sang man vor dem Mahl, Ps 115-118 nach dem Mahl.

Die ersten beiden Verse blicken auf die Geburtsstunde Israels, den Auszug aus Ägypten, zurück. Mit mächtiger Hand und durch viele Wunder hatte Gott das Volk aus der ägyptischen Gefangenschaft befreit, damit es sein Eigentum sein sollte (vgl. 2Mose 19,5).

V. 3-6 blicken auf die „Naturwunder“ während des Auszugs zurück und deuten diese als Reaktion (man beachte die rhetorischen Fragen in V. 5-6) auf das Wunder der göttlichen Erwählung Israels. Die Natur [beim Durchzug durch das Rote Meer (2Mose 14,21f) und durch den Jordan (Jos 3,16), sowie das Beben des Berges Sinai (2Mose 19,18)] legt Zeugnis für dieses mächtige Handeln Gottes ab. Die Reaktion der Natur ist dabei zweigeteilt: Ehrfurcht (V. 3) und große Freude (V. 4).

V. 7 fordert die Natur (Antwort auf V. 5-6,) aber letztendlich natürlich alle dazu auf, Gott, dem Herrscher des Universums, die Ehre zu geben. Er, der Herrscher des Universums, ist gleichzeitig „Gott Jakobs“ (V. 7b) geworden. Was für ein Vorrecht, dass dieser mächtige Herrscher, in Christus für jeden zum Vater wird, der an ihn glaubt (vgl. Joh 1,12, Gal 4,4-7).

  1. Der Exodus war die Geburtsstunde Israels, durch die Gott sie zu seinem Eigentum machte. Was ist deine persönliche „Geburtsstunde“, durch die Gott dich zu seinem Eigentum gemacht hat?
  2. Gott ist nicht nur unser persönlicher Begleiter durch den Alltag, sondern der Herrscher des Universums, der alles – auch die Schöpfung – lenkt und erhält. Wie kannst du dir diese Wahrheit mehr ins Bewusstsein rufen?

Von David beten lernen

EIN PSALM DAVIDS, VORZUSINGEN, BEIM SAITENSPIEL.  2 Erhöre mich, wenn ich rufe, Gott meiner Gerechtigkeit, der du mich tröstest in Angst; sei mir gnädig und erhöre mein Gebet!  3 Ihr Herren, wie lange soll meine Ehre geschändet werden? Wie habt ihr das Eitle so lieb und die Lüge so gern! SELA.  4 Erkennet doch, daß der HERR seine Heiligen wunderbar führt; der HERR hört, wenn ich ihn anrufe.  5 Zürnet ihr, so sündiget nicht; redet in eurem Herzen auf eurem Lager und seid stille. SELA.  6 Opfert, was recht ist, und hoffet auf den HERRN.  7 Viele sagen: »Wer wird uns Gutes sehen lassen?« HERR, laß leuchten über uns das Licht deines Antlitzes!  8 Du erfreust mein Herz, ob jene auch viel Wein und Korn haben.  9 Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein du, HERR, hilfst mir, daß ich sicher wohne. (Psalm 4)

Ein paar Gedanken zu diesem kurzen Psalm Davids:

  1. David betete voller Ernst und Erwartung

Erhöre mich, wenn ich rufe“, sagt David hier in V. 2.Wir spüren aus diesen Worten echten Ernst und eine aufrichtige Erwartungshaltung beim Gebet heraus. David rechnet in der Tat damit, dass Gott ihn erhört, wenn er zu ihm ruft.Er betet voller Ernst und Erwartung.

Man denkt vielleicht: „Das ist ja nichts Besonderes, das macht Gebet doch aus, dass man zu Gott spricht, damit er uns hört und unser Gebet auch erhört.“ Ja natürlich, das ist der Sinn von Gebet und das wissen wir an sich. Und dennoch kann ich, wenn ich mal nur von mir spreche, hier wieder neu von David lernen mit echtem Ernst und echter Erwartung zu beten. Denn wie leicht rutscht man rein in ein Beten aus reiner Gewohnheit.Man tut es halt, weil man es als Christ so tut. Man tut es vielleicht auch, weils einem selbst gut tut – Dinge vor Gott auszusprechen, loszuwerden und einfach mal gesagt zu haben. Aber erwarten, dass Gott wirklich uns erhört, dass er also in irgendeiner Form reagiert, etwas tut, eingreift oder verändert – damit rechnet man vielleicht gar nicht mehr.

Auf der anderen Seite ist das vielleicht auch der Grund, warum es bei uns so mangelt an Gebet – warum unser Leben so gebetsarm ist. Als Christ, der der Bibel glaubt, weiß ich natürlich, dass Gott gebeten werden möchte und Beten wichtig ist usw. – klar, viele von uns haben das schon ganz früh gelernt. Aber dass Gott mich wirklich erhört, wenn ich zu ihm rufe, dass er also in irgendeiner Form reagiert, etwas tut, eingreift oder verändert – damit rechne ich vielleicht gar nicht, diese Erwartung hab ich vielleicht gar nicht mehr. Warum also dann noch beten? Wozu? Wenn ich doch eh – vielleicht nicht denke, aber manchmal fühle – das nichts passiert?

David betet hier voller Ernst und Erwartung „Erhöre mich, wenn ich rufe!“ Er ist sich im Klaren: wenn er betet, steht er vor Gott.Beim Gebet tritt er in die Gegenwart des Allmächtigen, des Schöpfers von Himmel und Erde, der die ganze Welt geschaffen hat und alles in seiner Hand hält und kennt – von Mount Everest dem höchsten Berg der Welt bis zur kleinen Pfütze in unserem Garten, vom Blauwal dem größten Säugetier der Welt bis hin zum kleinsten Insekt. Vor diesen Gott, der alles hört, der alles sieht, alles überblickt, alles lenkt und an jedem Ort der Welt gegenwärtig ist und dessen Macht unbeschränkt ist, vor diesen Gott tritt David im Gebet.

Und vor diesen Gott treten auch wir, wenn wir als Jünger Jesu zu unserem Vater im Himmel beten. Wir treten vor genau diesen Gott: Der unbeschreiblich groß ist, der allmächtig ist, der uns liebt und uns als der gute Vater, der uns liebt, gerne gibt – Jesus hat das immer wieder in seinen Predigten und Gleichnissen uns beschrieben. Vor diesen Gott treten wir im Gebet – und kein Gebet geht bei ihm verloren oder irgendwie unter – die Offenbarung beschreibt uns, dass jedes Gebet eines jeden Christen, sorgsam bei Gott aufbewahrt wird.Er nimmt es ernst und es ist ihm ganz wichtig, wenn wir zu ihm beten. Vor diesen Gott trittst du, wenn du im Namen Jesu betest.

Ist uns das immer klar? Wahrscheinlich nicht. Ich möchte für mein Gebetsleben von David lernen, mit vollem Ernst und großer Erwartung zu betet. „Erhöre mich, wenn ich rufe“ – Unser Gott ist in der Lage und willens unsere Gebete zu hören und zu handeln.

  1. David betete gut begründet

Er betet: „Erhöre mich, wenn ich rufe, Gott meiner Gerechtigkeit.“ „Gott meiner Gerechtigkeit“ – das ist die Begründung, die David Gott nennt, warum er ihn erhören soll. David sagt damit aus, dass Gott Inhaber und Urheber aller Gerechtigkeit ist – Gott ist gerecht und Gott handelt gerecht und Gott macht gerecht. Wie wir, so hat es auch David schon erlebt, dass Gott uns durch seine Gnade für gerecht erklärt hat. Und David sagt aus, dass er von Gott her Gerechtigkeit auch für sich und seine Situation erwartet. Denn seine Situation ist ein bisschen schwierig, wir haben das beim ersten Lesen des Psalms schon vernommen. David wird offenbar verfolgt – viele Ausleger meinen, dass der Psalm entstanden ist, als Davids Sohn Absalom mit seinen Gefolgsleuten seinen eigenen Vater verfolgte, und ihm das Königtum streitig gemacht hat. David musste vor seinem eigenen Sohn fliehen, weil er David als dem legitimen und von Gott erwählten König das Amt wegnehmen wollte.Und in dieser Situation der ungerechten Verfolgung unter der David zu leiden hatte, betete er hier um Hilfe. Und die Begründung die er nennt, ist Gottes Gerechtigkeit: „Gott, du bist doch gerecht, du schaffst Gerechtigkeit, greif ein, bewahre mich vor dieser ungerechtfertigten Verfolgung!“„Ich erwarte von dir Gott, dass du es so lenkst, dass mir Gerechtigkeit widerfährt, denn du bist doch ein gerechter Gott!“ David betet hier also gut begründet.

Und das ist ein Prinzip, dass sich durch die ganze Bibel zieht. Immer wieder wenn Menschen zu Gott beten, nennen sie Gründe, warum Gott antworten und ihr Gebet erhören sollte. Sie berufen sich auf den Charakter Gottes, so wie David hier – „Gott du bist doch ein gerechter Gott“ oder „Du bist doch ein barmherziger und gnädiger Gott, darum…“ Oder sie berufen sich auf Gottes Treue in der Vergangenheit: „Herr, du hast schon so oft in Not geholfen, darum bitte greif doch auch in dieser Notlage wieder ein…!“ Oder sie begründen ihr Gebet mit ihrer Position vor Gott: „Gott, ich bin dein Kind, du hast für mich deinen Sohn geopfert, darum bitte greif jetzt ein…“

Gut begründet beten – das ist sicherlich nicht darum wichtig, um Gott irgendwie zu überzeugen oder zu überreden. Nein, ich denke, dass es eine gute Gewohnheit ist, um auch herauszufinden, ob mein Gebet, ob meine Bitte mit dem Willen Gottes übereinstimmt, ob es im Sinne Jesus ist – oder ob es vielleicht eher sehr egoistisch ist. Ein gutes Beispiel ist die Situation in 2Mose 32, als Mose auf dem Berg Sinai ist und dort die Gesetzestafeln von Gott empfängt und währenddessen das Volk Israel sich das Goldene Kalb gießt und dieses Kalb nun als Gott verehrt. Mose kehrt dann zurück und sieht das und Gott sagt zu Mose, dass der das Volk Israel als Strafe jetzt vernichten will und stattdessen Mose und seine Nachkommen zu einem großen Volk machen will. Und was tut Mose? Er hält Fürbitte für sein Volk und bittet Gott um Barmherzigkeit und Gnade. Und er begründet das auch. Er sagt nicht: „Gott, das kannst du doch jetzt nicht tun – dann wäre meine ganze Arbeit dieses Volk bis hierhin zu führen doch völlig umsonst gewesen.“ Er sagt auch nicht: „Gott, das kannst du mir doch nicht antun – dann verlier ich ja auch meinen Bruder Aaron, an dem ich so hänge…“ Mose begründet es anders – er sagt: „Gott, sei diesem Volk gnädig, damit dein Name groß gemacht und du verherrlicht wirst, damit alle Welt erkennt, dass du ein mächtiger Gott bist, der sein Volk befreit und in das gelobte Land führt.“

Gut begründet zu beten, bewahrt uns vor selbstsüchtigen und egoistischen Gebeten. Es hilft uns, im Gebet die Ehre Gottes und das Wohl anderer im Blick zu behalten. Ich will von David lernen, meine Gebete gut begründet vor meinen Vater im Himmel zu bringen.

  1. David betete in der Erinnerung an Gottes Taten

Wir sehen das hier in V. 2 wo es heißt: „Gott meiner Gerechtigkeit, der du mich tröstest in Angst“, etwas genauer übersetzt müsste es allerdings noch heißen „der du mich getröstet hast in Angst.“ David blickte schon auf viele Jahre mit Gott zurück, auf zahlreiche Erfahrungen mit ihm. David hatte es schon erlebt, dass Gott in sein Leben eingegriffen hat, ihm Trost geschenkt hat. Gerade in seinen ersten Jahren als König, war Davids Herrschaft alles andere als gesichert – er war ein König, der permanent sein Amt verteidigen musste, er war in unzähligen Kriegen persönlich im Einsatz gewesen, hatte viele Gefahrensituationen erlebt. Im Rückblick auf solche Situationen kann er sagen: Gott du hast mich getröstet in meiner Angst, du warst so oft für mich da, wenn ich dich gebraucht habe.

Wenn wir schon länger als Christen mit Jesus leben, können wir – da bin ich ganz sicher – auch auf viele Erfahrungen mit Gott zurückblicken. Wo er uns bewahrt hat vor echten Gefahren, wo er eine aussichtslose Situation noch gewendet hat, wo aus einer ganz schlechten Erfahrung doch noch was Gutes gewachsen ist. Wir haben es erlebt, dass wir zu Gott gebetet haben, und er diese Gebete erhört hat. Er ist dagewesen.

Von David will ich lernen in der Erinnerung an Gottes Taten zu beten. Das heißt, im Gebet zunächst einmal Gott zu danken, für das was er mir schon Großartiges geschenkt hat. Vielleicht kurz innezuhalten und zu überlegen, wofür kann ich dankbar sein? Die Gedanken schweifen zu lassen: Wo hat Gott mich gesegnet? Wo hat er geholfen? Wo hat er mir seine Güte erwiesen? Das will ich mehr und mehr lernen – damit ich sehe, wie reich mich Gott beschenkt, damit mein Glaube wächst, und damit ich dann auch mit größerer Zuversicht und mehr Glauben, Gott meine Bitten bringen kann.

  1. David erlebt Gottes Antwort auf sein Gebet

Hierzu müssen wir uns die V. 3-4 genauer anschauen. In V. 3 heißt es:  „Ihr Herren, wie lange soll meine Ehre geschändet werden? Wie habt ihr das Eitle so lieb und die Lüge so gern!“ David wendet sich hier vermutlich an die Leute um Absalom – jedenfalls an Menschen, die die Ehre Davids, des legitimen, rechtmäßigen und von Gott erwählten Königs von Israel in den Staub ziehen wollten, ihm das Amt streitig machen wollten. Das ist die eine Seite, das sind die Gegner Davids. Und dann heißt es in V. 4 folgendermaßen: Erkennet doch, daß der HERR seine Heiligen wunderbar führt; der HERR hört, wenn ich ihn anrufe.“ David sagt – mal mit meinen Worten gesagt: „Ich gehöre zu Gott, ich bin ein von ihm erwähltes Kind Gottes – und weil das so ist, rufe ich Gott nicht vergebens an, sondern mein Gebet findet bei ihm Gehör!“ Das ist die Position von David vor Gott und das ist Position von jedem Kind Gottes vor Gott. Hier wird also ein Gegensatz aufgebaut, zwischen David der Gott auf seiner Seite hat, einen Gott der ihn erhört und zwischen seinen Gegnern, den Gottlosen, bei denen das nicht so ist. David sagt quasi, dass wir wenn wir zu Gott gehören, ein Privileg haben: als Kinder Gottes dürfen wir uns sicher sein, dass Gott unser Gebet beantworten. Wir wissen das: nicht immer so wie wir wollen, und auch nicht immer so schnell, aber unsere Gebete finden definitiv vor dem Vater im Himmel immer Gehör.

Und das ist ein großes Vorrecht, was wir als Kinder Gottes haben: Einen Vater, der uns hört, der uns erhört. Wir dürfen Gebet darum nicht trivialisieren. Es gibt so Redewendungen wie z.B. „Da hilft nur noch beten“ – und man meint damit eigentlich „Da hilft gar nichts mehr.“ Nein, Gebet sollten wir nicht trivialisieren und unterschätzen. Für uns als Kinder Gottes ist es eine heilige, intime Sache – ein großes Vorrecht, dass unser Vater im Himmel unser Gebet hört und wir erleben dürfen, dass er antwortet.

Das ist übrigens auch ein guter Grund, diese persönliche Beziehung zu Jesus Christus zu suchen. Denn „seine Heiligen“, also die die zu ihm gehören, führt der Herr wunderbar – für sie gilt dieses Vorrecht. Darum ist es wichtig, zu Jesus und damit zu Gott unserem Vater zu gehören. D.h. zu erkennen, dass ich als Mensch ein Geschöpf Gottes und ihm verantwortlich bin.Dass ich aber von Natur aus mehr oder weniger offensichtlich in Rebellion gegen Gott lebe, selbstbestimmend mein Leben führen möchte, Gott nicht Gott sein lasse. Und dass ich Vergebung für diese Schuld brauche, dass ich einen Mittler zwischen mir und Gott brauche. Dass ich Jesus Christus brauche, der dieser Mittler ist – der als wahrer Mensch und wahrer Gott völlig sündlos war und zur Vergebung meiner Schuld am Kreuz gestorben ist. Er will mir dadurch neues Leben geben und wenn ich als Mensch zu ihm umkehre, meine Schuld bekenne, dann kann ich ein neues Leben mit Jesus und mit Gott beginnen. Dann gehöre ich zu Gott, dann bin ich ein „Heiliger Gottes“ – ein Heiliger Gottes, der wunderbar geführt vom Herrn wird und auf dessen Gebet Gott antwortet. Darum: wenn du noch nicht so ein „Heiliger Gottes“ bist – du kannst es werden, indem du zu Jesus umkehrst und mit ihm ein Leben beginnst!

Und dann ist V. 4 eine große Verheißung – und übrigens auch ein guter Anfang für jedes Gebet, wie ich finde: Erkennet doch, daß der HERR seine Heiligen wunderbar führt; der HERR hört, wenn ich ihn anrufe. Und auch das möchte ich hier lernen, nämlich zu vertrauen, dass Gottes Antwort auf mein Gebet kommen wird, weil ich sein Heiliger bin.

„Wenn ich Gottes Stimme hören könnte…“

„Wenn ich Gottes Stimme persönlich hören würde und er zu mir sprechen würde, dann würde ich gerne an Gott glauben“, hat schon so mancher zweifelnder Zeitgenosse gesagt. Und auch mancher Christ denkt: „Ja, wenn ich Gottes Stimme so persönlich hören würde, das wäre doch eine grandiose geistliche Erfahrung und mit Sicherheit ganz toll.“ Wenn wir so denken, wissen wir nicht, worum wir eigentlich bitten…

Als Gott dem Volk Israel die Zehn Gebote gibt (2Mose 20), spricht Gott direkt zu den Menschen. Seine Stimme ist von allen zu hören. Live, akustisch, echt. Und was ist die Reaktion des Volkes? Sie sind nicht vor Begeisterung entzückt, sie jubeln auch nicht über diese einzigartige geistliche Erfahrung. Nein, sie bekommen es mit der Angst zu tun und rennen nur noch weg (2Mose 20,18). Und sie äußern Mose gegenüber eine Bitte: „Rede du mit uns, wir wollen hören; aber lass Gott nicht mit uns reden, wir könnten sonst sterben.“ (2Mose 20,19)

Gottes Stimme zu hören ist für die Menschen fast unerträglich. Warum? Ich denke, weil in der göttlichen Stimme Gott selbst gegenwärtig ist – mit seiner ganzen Autorität und Macht…!

Übrigens: Wenn wir die Bibel lesen, begegnet uns hier genauso Gottes Wort. Es ist nicht weniger wert oder weniger autoritativ, als Gottes Stimme, die die Israeliten damals akustisch und wahrnehmbar vernehmen konnten.