Der Epheserbrief: Die Gemeinde – eine Idee Gottes

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Der Epheserbrief ist einer der Briefe, die Paulus aus der Gefangenschaft – vermutlich aus Rom – heraus schrieb (vgl. Eph 6,20). In Rom war der Apostel zwar in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt (vgl. Apg 28,30-31), jedoch war er nicht unmittelbar vom Tod bedroht und hatte Möglichkeiten seinen Dienst fortzusetzen. Gut möglich, dass Paulus zur gleichen Zeit auch den Kolosser- und Philemonbrief schrieb und diese zusammen mit dem Epheserbrief durch Onesimus und Tychikus zu ihren Empfängern bringen ließ (Eph 6,21 und Kol 4,7 erwähnen Tychikus als Briefüberbringer und Kol 4,9 erwähnt, dass auch Onesimus dabei gewesen ist).

Das Thema des Epheserbriefs ist: Die Gemeinde – eine Idee Gottes. So schildert Paulus in diesem Brief, dass Gott die Gemeinde schon vor Grundlegung der Welt geplant hat, und wie er sich die Gemeinde vorstellt. Er schreibt, dass Christus das Haupt der Gemeinde ist und die Gemeinde der Leib Christi (1,21-22). Durch diesen Vergleich wird deutlich, wie wichtig Gott die christliche Gemeinde ist. Paulus macht deutlich, durch welche große Gnade Gott die Gemeinde aus ihren Sünden errettet hat (2,4-5) und dass Gott nun mit der Gemeinde ein Ziel hat (2,10; 4,15). Des Weiteren legt Paulus großen Wert darauf, dass in der christlichen Gemeinde im Geist Einheit herrschen soll (4,3), obwohl Gott einem jeden Gläubigen in einem verschiedenen Maße Gaben gegeben hat (4,7-8). Zahlreiche praktische Anweisungen für das Leben der Gläubigen in der Gemeinde runden diesen Brief ab (4,17-6,20). So ist der Epheserbrief ein wichtiges Lehrfundament für den Bau der neutestamentlichen Gemeinde.

Der Epheserbrief ist leicht zu gliedern: So gibt es zunächst einen lehrhaften Teil (Kap. 1-3) über Gottes Absicht mit seiner Gemeinde. Dieser zerfällt in fünf Einzelabschnitte:

  1. Paulus preist Gott für die Erlösung durch Christus und sein Wirken unter den Ephesern (1,1-23)
  2. Gott hat uns durch Gnade vom Tod zum Leben errettet (2,1-10)
  3. Christus hat Einheit zwischen Juden und Heiden gestiftet (2,11-22)
  4. Gott hat Paulus zum Apostel eingesetzt (3,1-13)
  5. Das Gebet des Apostels für die Gemeinde (3,14-21)

Dem folgt ein zweiter, eher praktisch ausgerichteter Teil (Kap. 4-6) über Gottes Plan für das Leben in der Gemeinde und ihrer Glieder. Dieser lässt sich in vier Einzelabschnitte unterteilen:

  1. Paulus mahnt zur Einheit im Geist trotz der Vielfalt, die Gott in die Gemeinde gelegt hat (4,1-16)
  2. Paulus beschreibt den neuen Lebensstil von Gläubigen (4,17-5,20)
  3. Paulus erklärt die „christliche Hausordnung“ (5,21-6,9)
  4. Paulus fordert zum Anlegen der geistlichen Waffenrüstung auf (6,10-24)

Der Epheserbrief spricht zahlreiche aktuelle Themen des Glaubens an, so dass seine aufmerksame Lektüre wie von selbst praxisbezogen wird. Dennoch kann man beim Lesen folgende Fragen im Hinterkopf behalten:

  1. Worin besteht aus Paulus Sicht das Besondere an der christlichen Gemeinde? Sehe ich das auch?
  2. In welchem Lebensbereich bin ich herausgefordert von „Gottes Plan für das Leben der Gemeinde und ihrer Glieder“?

Schlüsselvers: „Denn aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, daß wir darin wandeln sollen.“ (Eph 2,8-10)


Dieser Text wurde anlässlich der 5x5x5-Bibelleseaktion meiner Gemeinde, der EFG Borken, verfasst. Er soll den Lesern eine kurze Einführung in den Epheserbrief geben. Mehr zur Aktion 5x5x5 und wie auch du mit dabei sein kannst, findest du hier.

Predigt: Zum Lob Gottes bestimmt

„In ihm sind wir auch zu Erben eingesetzt worden, die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt, nach dem Ratschluss seines Willens, damit wir zum Lob seiner Herrlichkeit leben, die wir zuvor auf Christus gehofft haben. In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Rettung – in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, der verheißen ist,  welcher ist das Unterpfand unsres Erbes, zu unsrer Erlösung, dass wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit.“ (Eph 1,11-14)

Warum hat Gott uns eigentlich zu seinem Erbteil und Eigentum gemacht? Was hat er sich dabei gedacht? Was war seine Motivation?

Weil wir im Lob Gottes unserer Bestimmung folgen. Schauen wir z.B. auf Eph 1,5-6: „Er hat uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein (…), zum Lob seiner herrlichen Gnade. Ganz ähnlich in Eph 1,12, wo es heißt, dass er uns zu seinem Erbteil gemacht – und zwar „zum Lob seiner Herrlichkeit“ Und abschließend in Eph 1,14 heißt es, dass Gott das Volk, das sein Besitz ist, eines Tages „zum Lob seiner Herrlichkeit“ endgültig erlösen wird. Der Gedanke ist also, dass Gott alles mögliche zu unserer Erlösung tut, alles mögliche Gute für uns tut, damit wir Grund haben, Gott zu loben. Aber nicht, weil Gott das Lob bräuchte und ohne unser Lob nicht glücklich wäre oder so. Sondern weil wir als Menschen zum Lob Gottes, zu seiner Ehre, geschaffen sind. Das ist der ultimative Grund, warum ein Leben zum Lob Gottes so erstrebenswert ist. Eben nicht nur, weil Lob die angemessene Reaktion auf Gottes gute Gaben sind. Sondern, weil wir im Lob Gottes unserer Bestimmung folgen, für die wir geschaffen, ja konstruiert sind.

Um Sinn und Erfüllung im Leben zu finden, suchen die meisten Menschen am falschen Ende – nämlich bei sich selbst. Sie stellen sich Fragen, die sich um sie selbst drehen. Was will ich werden? Was soll ich aus meinem Leben machen? Wie sehen meine Ziele und Träume aus? Aber solange wir nur um uns selbst kreisen, werden wir Sinn und Erfüllung nie finden. Es ist wie mit jemanden, der sich den Bergen verirrt und sich nach dem Weg zum Ort seiner Ferienwohnung erkundigt. Ihm wird man sagen: „Sie kommen da von hier aus nicht hin – Sie müssen auf der anderen Seite des Berges anfangen!“ Genauso wenig können wir Sinn und Erfüllung in unserem Leben finden, wenn wir uns nur auf uns selbst und unsere Dinge konzentrieren. Denn wir sind für etwas anderes geschaffen, wir sind zum Lob Gottes bestimmt. Gott hat uns erlöst – damit wir seine Güte und Liebe erkennen – und in das Lob Gottes hineinfinden und darin Sinn und Erfüllung für uns finden – ist das nicht großartig? Aber genau so ist es: Gott hat uns erlöst – damit wir seine Güte und Liebe erkennen – und in das Lob Gottes hineinfinden und darin Sinn und Erfüllung für uns finden. Er handelt, damit wir zu unserem Wohl, in das Lob für ihn hineinfinden.

Hier kannst du die ganze Predigt „Zum Lob Gottes bestimmt“ nachhören.

Predigt: Durch sein Blut erlöst

„In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade (Eph 1,7)

„Nach dem Reichtum seiner Gnade“ – was heißt das? Denken wir an einen Multimillionär, einen sympathischen, spendablen Multimillionär mit einem großen Herz. Immer wieder kommen Leute zu ihm, die in Not sind und er hilft ihnen gerne und gibt ihnen Geld, um ihre Notlage zu beseitigen. Dem einen vielleicht 100 Euro, manchem auch 2.000 Euro – je nach dem. Gewiss eine echte Hilfe und doch für diesen reichen Mann zu verschmerzen. Er gibt diesen bedürftigen Menschen ja lediglich einen kleinen Teil von dem Reichtum seines Vermögens.

Was würde es aber bedeuten, wenn er diesen nach dem Reichtum seines Vermögens geben würde? Nach seinem Reichtum? Gemäß seines Reichtums? Entsprechend seines Reichtums? Es würde vielleicht bedeuten, dass er jemandem nicht nur mit 500 Euro aus der gröbsten Not heraushilft, sondern ihm eine große Villa schenkt – etwas was seinem Reichtum wirklich entspricht und damit er leben kann wie er. Das ist der Unterschied!

Wenn es hier also heißt, dass Gott uns nach dem Reichtum seiner Gnade beschenkt, dann bedeutet das, dass er uns mit dem grenzenlosen Reichtum seiner Gnade beschenkt. Erlösung heißt nicht also nur, dass wir losgekauft sind aus der Macht der Finsternis. Erlösung bedeutet auch nicht nur, dass uns volle Sündenvergebung geschenkt ist. Es bedeutet, dass wir Gott uns nun auf ewig hin freundlich zugewandt ist, uns seine Gunst gilt. Es heißt, dass er uns mit Güte und Liebe behandelt und seine Gnade überreich überaus ausschüttet. Denn Gott gibt uns nicht nur eine Kleinigkeit von dem Reichtum seiner Gnade“, sondern nach dem Reichtum seiner Gnade“

Das alles gilt dir, wenn du persönlich zu Jesus Christus gehörst. Ist das so bei dir? Gehörst du zu ihm?

Wir gehören ja nicht einfach zu Christus, nur weil wir dem Namen nach Christen sind. Weil wir getauft, gefirmt, christlich erzogen sind.Weil wir im [noch] christlichen Abendland leben, weil wir manchmal den Gottesdienst besuchen. Nein!

Die entscheidende Frage ist: Hast du diesen persönlichen Glauben an Jesus Christus? Glaubst du, dass er der Sohn Gottes ist, der dich durch seinen Tod mit Gott versöhnt hat? Glaubst du, dass er auferweckt wurde und jetzt der Herr der Welt ist? Und willst du dein Leben ganz unter seine Herrschaft stellen?

Hier kannst du die ganze Predigt „Durch sein Blut erlöst“ nachhören.

Predigt: Vor Beginn der Welt geliebt

Ich habe am vergangenen Sonntag eine neue Predigtreihe in meiner Gemeinde begonnen. Was ich mir schon lange mal vorgenommen hatte, setze ich nun endlich mal um: ich predige über das wunderbare Kapitel 1 des Epheserbriefs.

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Hier haben wir einmal ein gewaltiges Lob Gottes (1,3-14) und sogleich ein Gebet von Paulus für seine Leser (1,15-23). Dabei beleuchtet Paulus tiefgehende, schwerwiegende Themen, wie z.B. die Erwählung. Was mich an diesem Text aber vor allem gefällt, ist diese Begeisterung des Paulus über Gottes große Taten, die einem aus jeder Zeile entgegenspringt. Ja, Paulus, der bei Abfassung des Epheserbriefs wohl im Gefängnis saß, ist außer sich vor Freude, wenn er darüber nachsinnt, wie Gott uns in Christus reich gesegnet hat.

In der ersten Predigt unter dem Titel „Vor Beginn der Welt geliebt“ über Eph 1,3-6 ging es gleich um das Thema Erwählung:

Wie sollen wir uns diese Erwählung Gottes vorstellen?

Zunächst als eine bewusste Wahl. Es war eine Wahl, die von Gott nicht ins Ungewisse hinein getroffen wurde, so wie z.B. jemand seine Hand in einen Beutel steckt, um ohne etwas zu sehen oder zu wissen, ein Los zu ziehen. Es ist auch keine Zufallswahl gewesen, so wie ein Zufallsgenerator zufällig, ohne jedes persönliche Interesse, einfach irgendeine Wahl trifft. Nein, als Gott Menschen erwählte, hatte er jeden einzelnen Menschen vor Augen, er kannte und wusste schon alles. Als Gott Menschen erwählte, war es für ihn eine bewusste Wahl mit echtem persönlichem Interesse.

Dann war es außerdem eine definitive Wahl, d.h. eine bindende Entscheidung. Gott hat in seiner Wahl also etwas entschieden, was definitive, klare Auswirkungen hat. Das ist zwar schwer vorstellbar – ja es sprengt unser Hirn – aber doch das, was die Bibel deutlich aussagt.

Und außerdem – und das ist wohl das Wichtigste – die Erwählung durch Gott ist eine unverdiente Wahl aus Liebe. Es ist eine unveränderliche Entscheidung, die gänzlich der Gnade und Liebe Gottes entsprang. Gott erwählte uns nämlich, „dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten“, was bedeutet, dass wir, als er uns erwählte, unheilig und tadelnswert waren. Das bedeutet, dass Gott in keiner Weise verpflichtet war, überhaupt irgendeinen Menschen zu erwählen und dadurch zu retten. Für uns ist dieser Gedanke, dass Gott gnädig ist und sich unserer erbarmt, dass er uns vergibt, rettet etc. manchmal schon so selbstverständlich geworden, dass wir uns darüber gar nicht mehr wundern. Möglicherweise denken wir sogar, dass es selbstverständlich oder gar eine Pflicht Gottes ist, so gnädig mit uns umzugehen. Nein, Gott war in keiner Weise verpflichtet auch nur einen einzigen Menschen zum Heil zu erwählen, das war alles überhaupt nicht zwingend. Dass er es dennoch tat, unterstreicht seine große Gnade und Liebe. Wenn Gott hier nicht die Initiative ergriffen hätte, würde niemand ewiges Leben zuteil. Und so ist im Grunde die schwierige Frage nicht die, die viele bei diesem Thema stellen „Warum erwählte Gott manche Menschen nicht?“, sondern vielmehr „Warum erwählte er überhaupt welche?“ Denn dass er das tat, das ist das große Wunder! Dass er das tat, das ist der Grund, warum Gott hier gepriesen wird!

Wenn du die ganze Predigt hören willst, kannst du das hier tun.

Jetzt wird’s konkret!

Ich habe heute Epheser 4 gelesen. Dort heißt es in V. 17: „So sage ich nun und bezeuge in dem Herrn, daß ihr nicht mehr leben dürft, wie die Heiden leben in der Nichtigkeit ihres Sinnes.“ 

Eine klare Aufforderung

Paulus unterscheidet hier deutlich zwischen Heiden und Christen. Darüberhinaus formuliert er eine glasklare Aufforderung an die Christen. Er redet nicht lange um den Brei herum und ist auch nicht sehr diplomatisch. Nein, es ist eins für Paulus klar und das sagt er auch ganz klar: Christen sollen ihren Lebensstil verändern! Glaube muss eben Auswirkungen auf unser Leben haben. Und das hat auch damit zu tun, dass wir unser Verhalten ändern. Das ist uns vom Apostel hier und darüberhinaus an vielen anderen Stellen der Schrift klar geboten! Es ist darum ein Irrweg, ein „Evangelium“ zu verkünden, dass nur noch Stichworte wie Gnade, Liebe und Annahme kennt.

Paulus macht es ganz konkret

Ja, natürlich, Gott nimmt in Jesus Christus die Sünder an, die zu ihm umkehren. Aber aus dem echten Glauben an Jesus Christus folgt auch ein verändertes Handeln. In Eph 4 finden wir das unter den Stichworten „Ablegen des alten Menschen“ (V. 22) und „Anziehen des neuen Menschen“ (V. 24). Dieser Abschnitt zeigt uns auch, dass so eine Veränderung nicht vollautomatisch stattfindet. Nein, dazu braucht es auch immer wieder Unterweisung und Verkündigung. Darum hat schon der Apostel Paulus es in Eph 4 auch richtig konkret gemacht ab V. 25 („Legt die Lüge ab“, „Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr“ usw…). Ob er sich damit beliebt gemacht hat? Gute Frage… Auch wir dürfen an dieser Stelle nicht kneifen. Gerade als Verkündiger ist es auch unsere Aufgabe, es mal richtig konkret zu machen… Ein Glaube jedenfalls, der keine Folgen hat, den hat schon Jakobus für tot erklärt (vgl. Jak 2,26). Und wer das für die biblische Evangelium hält, ist einem tödlichen Irrtum – so beliebt dieser auch sein mag – aufgesessen. Denn ohne Heiligung wird niemand den Herrn sehen (Hebr 12,14).

Neulich beim Zahnarzt

Neulich war ich beim Zahnarzt. Nicht wegen akuter Zahnschmerzen, sondern einfach wegen einer sogenannten „professionellen Zahnreinigung“ (nebenbei bemerkt: eigenartiger Name – ob meine Praxis wohl auch amateurhafte Zahnreinigungen anbietet… wohl kaum 😉 ). Jedenfalls ist es so üblich, dass einem nicht nur das Gebiss gründlich gereinigt wird, sondern dass man auch Tipps und Hinweise zur eigenen Zahnpflege etc. erhält. Mich hat die Mitarbeiterin an diesem Nachmittag jedenfalls sehr direkt auf den nicht sehr erfreulichen Zustand meiner Zähle aufmerksam gemacht und mir verschiedene Tipps gegeben, wie ich das in Zukunft verbessern könnte. Nun, ich hatte sowas schon geahnt und war nicht besonders angetan von ihren Worten und noch viel weniger von ihren – mir sehr aufwendig erscheinenden – Vorschlägen.  Offenbar konnte man mir meine verhaltene Reaktion anmerken, jedenfalls sagte sie zu mir: „Ich weiß, Sie wollten einfach nur ihre Zähne gereinigt haben und jetzt rede ich soviel. Aber“, so fügte sie hinzu, „das muss wirklich sein!“

Ich habe über dieses Erlebnis noch ein bisschen nachgedacht und mir sind zwei Gedanken gekommen, was ich hiervon als Christ lernen kann:

  1. Eine unangenehme Botschaft klar kommunizieren

Wie die Zahnarztmitarbeiterin mir gegenüber offen und direkt über unerfreuliche Dinge sprach, so bin ich als Christ und gerade als Prediger auch gefordert, Botschaften zu überbringen, die viele Leute ebenso nicht wirklich hören wollen. Sünde, Gericht, Gehorsam sind u.a. solche Punkte. Wenn ich wirklich überzeugt bin, „dass es sein muss“ (wie die Frau beim Zahnarzt), dann werde ich diese Punkte trotzdem nicht übergehen. Vielmehr werde ich werbend, aber doch eindringlich auch diese Teile der biblischen Botschaft rüberbringen.

  1. Eine unangenehme Botschaft annehmen

Wie bereits geschrieben, war ich nicht sehr erfreut über das, was mir an diesem Nachmittag erzählt wurde. Dennoch habe ich darüber nachgedacht und daraufhin in der Tat einige Vorschläge in den Tagen und Wochen danach umgesetzt. Ich habe – wenn man so will – auf diesem kleinen Gebiet der Zahnpflege mein Leben geändert. Einfach, weil es mir einsichtig gemacht wurde, dass es für mich wirklich wichtig ist! Zur Änderung unseres Lebens ruft uns auch immer wieder Gott durch sein heiliges Wort auf. Wir sollen Angewohnheiten und Verhaltensweisen „ablegen“ und den neuen Menschen „anziehen“ (z.B. Eph 4,22ff). Die Frage ist: Bin ich bereit, auch hier solche unangenehmen Botschaften anzunehmen und die nötigen Konsequenzen zu ziehen? Wenn wir als Menschen schon willens sind auf die unsympathischen Ratschläge medizinischen Fachpersonals oder anderer Experten zu hören, sollten wir dann nicht erst Recht auch die unangenehmen Botschaften unseres Gottes hören – eines Gottes, der uns schließlich in Jesus Christus seine tiefe Liebe wirklich ein für alle Mal erwiesen hat?

Psalm 116: Gott rettet aus der größten Not

Ich liebe den HERRN, denn er hört die Stimme meines Flehens. 2 Er neigte sein Ohr zu mir; darum will ich mein Leben lang ihn anrufen.

3 Stricke des Todes hatten mich umfangen, des Totenreichs Schrecken hatten mich getroffen; ich kam in Jammer und Not.

4 Aber ich rief an den Namen des HERRN: Ach, HERR, errette mich! 5 Der HERR ist gnädig und gerecht, und unser Gott ist barmherzig. 6 Der HERR behütet die Unmündigen; wenn ich schwach bin, so hilft er mir. 7 Sei nun wieder zufrieden, meine Seele; denn der HERR tut dir Gutes.

8 Denn du hast meine Seele vom Tode errettet, mein Auge von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten. 9 Ich werde wandeln vor dem HERRN im Lande der Lebendigen. 10 Ich glaube, auch wenn ich sage: Ich werde sehr geplagt. 11 Ich sprach in meinem Zagen: Alle Menschen sind Lügner.

12 Wie soll ich dem HERRN vergelten all seine Wohltat, die er an mir tut? 13 Ich will den Kelch des Heils nehmen UND DES HERRN NAMEN ANRUFEN. 14 ICH WILL MEINE GELÜBDE DEM HERRN ERFÜLLEN VOR ALL SEINEM VOLK.

15 Der Tod seiner Heiligen wiegt schwer vor dem HERRN. 16 Ach, HERR, ich bin dein Knecht, ich bin dein Knecht, der Sohn deiner Magd; du hast meine Bande zerrissen.

17 Dir will ich Dank opfern UND DES HERRN NAMEN ANRUFEN. 18 ICH WILL MEINE GELÜBDE DEM HERRN ERFÜLLEN VOR ALL SEINEM VOLK 19 in den Vorhöfen am Hause des HERRN, in dir, Jerusalem. Halleluja! (Psalm 116)

Ps 116 gehört zu den sogenannten Hallel-Psalmen (Lobpsalmen), genauer gesagt zum Ägyptischen Hallel. Diese Psalmen wurden zu den großen Festen gesungen und hatten besonders beim Passah ihren festen Platz. Ps 113 und 114 sang man vor dem Mahl, Ps 115-118 nach dem Mahl. 

Der Beter beginnt mit einem ausdrucksstarken Liebesbekenntnisses zu Gott, weil dieser sein Gebet in Not erhört hat (V. 1-2). Die Notlage wird als äußerst dramatisch und angsteinflößend, weil lebensgefährdend beschrieben (V. 3). Umso dankbarer ist der Beter, dass Gott – der seine einzige Hoffnung war – ihn gerettet hat. Gott hat sich als gnädig, gerecht und barmherzig (V. 5) erwiesen. Aufgrund dieser Gutheit Gottes kann sich der Beter selbst Trost zusprechen (V. 7). Der Christ wird nicht nur an irdische Notlagen denken, in denen Gott geholfen hat, sondern zuallererst an seine eigene geistliche Notlage denken: Der Mensch ohne Gott droht nicht lediglich zu sterben, er ist bereits geistlich tot (Vgl. Eph 2,1). Aber Gott, der reich ist an Barmherzigkeit, hat in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat,  5 auch uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht – aus Gnade seid ihr selig geworden” (Eph 2,4-5) Einen Gott, der so mit uns umgeht, kann man nur seine Liebe bekennen!

In V. 8-9 reflektiert der Beter erneut seine Notsituation, die durch Gottes Eingreifen vollständig verkehrt wurde (Leben statt Tod). In dieser Notlage konnte der Beter wahren Glauben an Gott lernen, der die Grenzen der Menschen („Alle Menschen sind Lügner“, V. 11) überwindet. Die Schrift lehrt uns, dass Gott auch heute noch Notlagen nutzt, um uns im Glauben zu stärken (z.B. Röm 5,3-4).

Aus der Freude über Gottes Hilfe erwächst dem Beter das tiefe Bedürfnis dem Herrn seine Wohltaten zu vergelten (V. 12). Er will dies durch Opfer (V. 13a, Kelch des Heils), Anbetung (V. 13b) und Zeugnis (V. 14, Gelübde erfüllen) tun.

In V. 15 bringt der Beter Gottes große Liebe zu den Seinen allgemeingültig zum Ausdruck. Die Reaktion darauf ist Hingabe (V. 16) an diesen errettenden Gott.  Der Psalm schließt mit erneutem Dank für Gottes Rettung (V. 17-19).

  1. In welchen Notlagen hat Gott mir schon geholfen? Empfinde ich meine Erlösung wirklich als die Rettung aus der größten Notlage? Warum oder warum nicht?
  2. Wie kann ich auf Notlagen und schwierige Situationen so reagieren, dass ich durch sie im Glauben wachse?
  3. Kenne ich diese große Freude und dieses tiefe Verlangen Gott seine Wohltaten zu vergelten? Wenn nicht: Bin ich wirklich gerettet?

Sola Gratia – Warum die Erlösung allein durch die Gnade kommt

Vor ein paar Wochen schrieb ich hier im Nachgang der Evangelium 21 Konferenz, wie  eindrücklich es für mich war, „wie Ligon Duncan am Beginn seiner Predigt über Eph 2,1-10 den Predigttext vorlas. Mit großer Leidenschaft, respektvoll, nicht gehetzt und ganz deutlich.“ Wer verstehen will, was ich meine, sollte sich die Predigt ansehen, die jetzt endlich auch als Video verfügbar ist.

Davon mal abgesehen, bringt Duncan das zentrale Thema des christlichen Glaubens exakt auf den Punkt. Selbst wenn wir das schon alles wissen, ist es diese Botschaft, die wir immer wieder hören müssen.

Dankbarkeit lernen

Und David sprach: Ist noch jemand übriggeblieben von dem Hause Sauls, damit ich Barmherzigkeit an ihm tue um Jonatans willen?  2 Es war aber ein Knecht vom Hause Sauls, der hieß Ziba; den riefen sie zu David. Und der König sprach zu ihm: Bist du Ziba? Er sprach: Ja, dein Knecht ist es.  3 Der König sprach: Ist da noch jemand vom Hause Sauls, damit ich Gottes Barmherzigkeit an ihm tue? Ziba sprach zum König: Es ist noch ein Sohn Jonatans da, lahm an den Füßen.  4 Der König sprach zu ihm: Wo ist er? Ziba sprach zum König: Siehe, er ist in Lo-Dabar im Hause Machirs, des Sohnes Ammïls.  5 Da sandte der König David hin und ließ ihn holen von Lo-Dabar aus dem Hause Machirs, des Sohnes Ammïls.  6 Als nun Mefi-Boschet, der Sohn Jonatans, des Sohnes Sauls, zu David kam, fiel er auf sein Angesicht und huldigte ihm. David aber sprach: Mefi-Boschet! Er sprach: Hier bin ich, dein Knecht.  7 David sprach zu ihm: Fürchte dich nicht, denn ich will Barmherzigkeit an dir tun um deines Vaters Jonatan willen und will dir den ganzen Besitz deines Vaters Saul zurückgeben; du aber sollst täglich an meinem Tisch essen.  8 Er aber fiel nieder und sprach: Wer bin ich, dein Knecht, daß du dich wendest zu einem toten Hunde, wie ich es bin?  9 Da rief der König den Ziba, den Knecht Sauls, und sprach zu ihm: Alles, was Saul gehört hat und seinem ganzen Hause, hab ich dem Sohn deines Herrn gegeben.  10 So bearbeite ihm nun seinen Acker, du und deine Söhne und deine Knechte, und bring die Ernte ein, damit es das Brot sei des Sohnes deines Herrn und er sich davon nähre; aber Mefi-Boschet, der Sohn deines Herrn, soll täglich an meinem Tisch essen. Ziba aber hatte fünfzehn Söhne und zwanzig Knechte.  11 Und Ziba sprach zum König: Ganz so, wie mein Herr, der König, seinem Knechte geboten hat, wird dein Knecht tun. Und Mefi-Boschet, sprach David, esse an meinem Tische wie einer der Königssöhne.  12 Und Mefi-Boschet hatte einen kleinen Sohn, der hieß Micha. Und alle, die im Hause Zibas wohnten, dienten Mefi-Boschet.  13 Mefi-Boschet aber wohnte hinfort in Jerusalem, denn er aß täglich an des Königs Tisch. Und er war lahm an seinen beiden Füßen. (2Samuel 9) 

  1. Dankbarkeit von David lernen – wir können reich beschenken

Versetzen wir uns mal in die Lage von David hinein. Endlich war es soweit: David war nun endlich König von Israel geworden. Schon vor Jahren war er vom Propheten Samuel zum König gesalbt worden. Doch der alte König, Saul, wollte sein Amt nicht einfach aufgeben. Er wollte die Macht und sein Königtum unbedingt festhalten – auch wenn Gott es anders beschlossen hatte. Und so verfolgte er David, den eigentlichen von Gott eingesetzten König und so musste David über viele Jahre ein ziemlich unstetes Leben führen. Mit einer Streifschar von Kriegern war er unterwegs, lebte in der Wüste, teilweise bei den Feinden im Philisterland – eine schwierige Zeit für David und sicherlich nicht würdig für einen König.

Glücklicherweise gab es aber Jonatan. Jonatan war der älteste Sohn von König Saul und erkannte schon früh, dass Gott David zum König erwählt hatte. Er und David wurden enge Freunde und sie schlossen einen Bund miteinander. Mehrere Male bewahrte Jonatan David vor seinem Vater, der David umbringen wollte. Doch jetzt, nach vielen Jahren – Saul war gestorben, seine Söhne, auch Jonatan, waren gestorben – jetzt nach vielen Jahren, war es endlich so weit: Die Regierung Davids war etabliert, endlich herrschte er über das ganze Land, so wie Gott es versprochen hatte, endlich hatte er das Sagen. Das ist die Situation aus der uns jetzt 2Sam 9 berichtet.

Was würde David jetzt als erstes tun, wo seine Herrschaft etabliert ist? Die Steuern kräftig erhöhen? Sich einen großen Palast bauen? Nein, nichts dergleichen. Sein Blick geht als erstes zurück auf die Vergangenheit. David schaut zurück und er erkennt, dass er ganz großen Grund zur Dankbarkeit hat. Ganz besonders kommt ihm dabei offenbar Jonatan in den Sinn – es heißt ja in V. 1: „Und David sprach: ist noch jemand übriggeblieben von dem Hause Sauls, damit ich Barmherzigkeit an ihm tue, um Jonatans willen?“ Jonatan kommt ihm ganz besonders in den Sinn! Er erinnert sich an die intensive Freundschaft, die es zwischen beiden gab. Diese Freundschaft, die Jonatan mehr wert war, als familiäre Beziehungen – z.B. zu seinem Vater. Diese Freundschaft, die Jonatan mehr wert war, als die Aussicht selbst einmal – als der älteste Sohn Sauls – König zu werden. Diese Freundschaft zwischen Jonatan und ihm, die in guten und besonders auch in schlechten Zeiten hielt. David schaut zurück – und erkennt, dass er Grund zur Dankbarkeit hat. Er erkennt: Da gibt es jemanden, der hat mir soviel Gutes getan!

Wie oft schaust du eigentlich zurück? Wie oft hältst du Rückschau? Am Ende eines Jahres vielleicht? Oder noch seltener? Vielleicht wenn ein besonderer Lebensabschnitt zu Ende geht? Wenn die Kinder ausziehen, wenn du dein Studium beendet hast, wenn du die Arbeitsstelle wechselst, wenn du umziehst? Ich frage mich, wieviel Gutes wir in unserem Leben wohl übersehen, weil wir nicht zurückschauen, weil wir nicht darüber nachdenken. Dankbarkeit beginnt in unserem Herzen zu wachsen, indem wir zurückschauen und die Dinge, die Personen, die Ereignisse entdecken, die gut waren – für die wir einfach nur dankbar sein können! Auch in der Stunde des Triumphs schaut David zurück und wird dankbar. Wann schaust du das nächste Mal zurück?

David schaut zurück, er wird dankbar und er wird dann aktiv. Er wird aktiv, indem er selbst „Danke“ sagt, indem er einen anderen reich beschenkt. Wir können hier vier Dinge am Text beobachten, vier Aspekte, die Davids Dankbarkeit kennzeichnen, vier Aspekte die wirklich bemerkenswert sind und wo wir von David lernen können, wie auch wir andere reich beschenken können und ihnen dadurch unsere Dankbarkeit zeigen können.

David forscht nach

David ist es so wichtig Dankbarkeit „um Jonatans willen“ zu zeigen, dass er aktiv wird. Er nimmt die Sache selbst in die Hand, er fragt nach, er lässt Nachforschungen anstellen. So heißt es in V. 1: „Und David sprach: ist noch jemand übriggeblieben von dem Hause Sauls, damit ich Barmherzigkeit an ihm tue um Jonatans willen?“ David hätte die Sache auch einfach auf sich beruhen lassen können, aber er tut es nicht, sondern er wird aktiv. Das ist das erste was wir hier lernen. Wer „Danke“ sagen will, muss aktiv werden. Dankbarkeit zeigt sich nicht automatisch, sie ist kein Selbstläufer. Nein, wer Dankbarkeit zeigen will, muss selbst die Initiative ergreifen.

David gibt „Gottes Barmherzigkeit“ weiter

Das sehen wir in V. 3. Ziba, der Knecht Sauls ist inzwischen gefunden, und ihm gegenüber wiederholt David seine Frage und spricht: „Ist da noch jemand vom Hause Sauls, damit ich Gottes Barmherzigkeit an ihm tue?“ David sieht sein Handeln als Gottes Handeln oder anders gesagt: er möchte für Gottes Barmherzigkeit der menschliche Kanal sein. Er weiß, das alles Gutes, was er tun kann, letztendlich von Gott kommt. Seine barmherzige, liebevolle Haltung erwächst ganz klar aus seinem gläubigen Herzen, aus seiner Beziehung zu Gott. Etwa Tausend Jahre später bringt der Apostel Johannes dieses Geheimnis auf den Punkt, wenn er schreibt: 7 Ihr Lieben, laßt uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott.” (1Joh 4,7). Wenn wir Liebe, Barmherzigkeit üben, echte Dankbarkeit zeigen, dann ist das etwas, was aus unserem Glauben und aus der von Gott geschenkten Lieben erwachsen muss. David ist sich darüber im Klaren: er will explizit Gottes Barmherzigkeit weitergeben.

David lässt sich seine Dankbarkeit etwas kosten

David sagt zu Mefi-Boschet nicht nur lapidar „Danke, und übrigens es tut mir leid, was mit deiner Familie passiert sind, und dass sie alle tot sind und dass auch du behindert bist…“ Er drückt ihm auch nicht nur einen Gutschein für die nächste königliche Party in die Hand. Nein, David lässt sich seine Dankbarkeit richtig etwas kosten. Wir lesen davon in V. 9-10: 9 Da rief der König den Ziba, den Knecht Sauls, und sprach zu ihm: Alles, was Saul gehört hat und seinem ganzen Hause, hab ich dem Sohn deines Herrn gegeben.  10 So bearbeite ihm nun seinen Acker, du und deine Söhne und deine Knechte, und bring die Ernte ein, damit es das Brot sei des Sohnes deines Herrn und er sich davon nähre; aber Mefi-Boschet, der Sohn deines Herrn, soll täglich an meinem Tisch essen. Ziba aber hatte fünfzehn Söhne und zwanzig Knechte.

Drei Dinge also tut David. Er gibt Mefi-Boschet richtig viel Besitz, denn Saul und seiner Familie wird als Königsfamilie sehr viel gehört haben. Auf alles das verzichtet David als der Nachfolger Sauls und er gibt es Mefi-Boschet. Mefi-Boschet wird also hier auf einen Schlag sehr sehr reich. Und zweitens: David gibt Mefi-Boschet mit Ziba, seinen Söhnen und Knechten richtig viel Personal um diesen Besitz zu bewirtschaften. Und drittens: David beschenkt ihn mit der Ehre tagtäglich am königlichen Tisch zu speisen – mit der königlichen Familie, den Ministern und anderen wichtigen Leuten. David versorgt ihn also nicht nur materiell, sondern er wertet ihn auf. David speist Mefi-Boschet nicht pflichtbewusst und schnell ab. David lässt sich seine Dankbarkeit richtig etwas kosten

David beschenkt jemanden, der es nicht verdient hat

Jonatan war es gewesen, der zu David so eine tiefe Freundschaft hatte. Er war es gewesen, der ihn mehrfach vor den Tötungsversuchen Sauls bewahrt hatte. Mefi-Boschet – sein Sohn – hatte damit nichts zu tun. Weder positiv noch negativ – Mefi-Boschet war einfach völlig unbeteiligt. Und so hätte man es auch gut verstehen können, wenn David nach Jonatans Tod einfach die Sache auf sich hätte beruhen lassen. Derjenige, dem er Dankbarkeit schuldig gewesen wäre, war ja tot – er war nicht mehr da. Aber David tut es nicht: er erweist seine Barmherzigkeit, seine Dankbarkeit, seine Liebe jemandem, der es nicht verdient hat.

Das ist die höchste Form der Dankbarkeit – jemanden zu beschenken, bei dem man sich nicht lediglich revanchieren will, jemandem etwas Gutes zu tun, der es nicht verdient hat. Denn hier scheint etwas Großartiges durch von Gottes Wesen, von seinem Handeln, der immer Menschen beschenkt, die es nicht verdient haben.

Und wir?

Vier bemerkenswerte Aspekte, die wir von David lernen können, wie wir Dankbarkeit leben können. Welcher ist für dich der Wichtigste? Welcher der überraschendste? Welchen willst du ganz besonders für dich mitnehmen? Erstens gilt es, überhaupt aktiv zu werden, so wie David aktiv wurde. Dankbarkeit „geschieht“ nicht einfach irgendwie, sondern wir müssen die Initiative ergreifen. Zweitens gilt es, sich bewusst zu machen, dass wir „Gottes Barmherzigkeit“ weitergeben können. Großzügigkeit, reiches Beschenken, Liebe, Dankbarkeit gegenüber anderen ist möglich, weil Gott uns reich beschenkt hat. Drittens gilt es, sich Dankbarkeit etwas kosten zu lassen, so wie David sich seine Dankbarkeit etwas kosten ließ. Und viertens, die Krönung ist, wenn wir Dankbarkeit sogar denen erweisen, die es gar nicht verdient haben. Wenn wir das leben, sind wir Nachahmer Gottes, wie wir jetzt noch sehen werden.

  1. Dankbarkeit an Mefi-Boschet lernen – wir sind reich beschenkt

Versetzen wir uns als zweites mal in die Lage von Mefi-Boschet. Da wird er eines Tages völlig überraschend zum König gerufen und wird von ihm mega-mäßig reich beschenkt – wie ein 6er im Lotto. Was für ein Glückspilz muss dieser Mefi-Boschet gewesen sein! Ja, wirklich?

Ja und nein! Nein, weil die Vorgeschichte von Mefi-Boschet wirklich traurig ist. Er war einer der Söhne Jonatans gewesen. In den kriegerischen Auseinandersetzungen hatte er seine ganze Familie verloren. Ja, es heißt hier ja, dass er der letzte Nachkomme der Familie Sauls, also seines Großvaters, gewesen war. Alle anderen waren umgekommen. Außerdem war er „lahm an den Füßen“, wie es hier heißt. Die Bibel erklärt uns an anderer Stelle, dass Mefi-Boschet als 5jähriger von seiner Amme fallengelassen wurde, als sie sich mit ihm auf der Flucht befindet. Dadurch zog er sich so schwere Verletzungen zu, dass er Zeit seines Lebens behindert war. Körperlich behindert zu sein, war in der damaligen Zeit ein noch schwierigeres Schicksal als es das heute ist. Es bedeutete, dass er sozial und ökonomisch von anderen abhängig ist. Dass er sich nur bedingt selbst helfen konnte, dass er gar nicht in der Lage war, für sich richtig zu sorgen und Geld zu verdienen. Und so verwundert es nicht, dass im AT Behinderte immer wieder in einem Atemzug mit Armen, Witwen und Waisen erwähnt werden und dass Gott in seiner Liebe und Barmherzigkeit sogar Schutzgesetze für sie erlassen hatte. Das ist ganz bemerkenswert und sehr fortschrittlich gewesen – so etwas gab es damals nur in Israel! Und dennoch ist die Lebensgeschichte von Mefi-Boschet bis hierhin wirklich eine traurige Geschichte.

Aber auf der anderen Seite: Ja, er ist ein Glückspilz, weil es dann eben die große Wende gibt! David erweist Mefi-Boschet die Freundlichkeit Gottes um seines Vaters Jonatans willen. Und hierin bildet die Geschichte von Mefi-Boschet in wunderbarer, anschaulicher Weise das Evangelium selbst ab. Mefi-Boschet ist ein Bild auf den Menschen als Sünder und auf den Zustand, in dem er sich befindet. Mefi-Boschet war ja hilflos, an beiden Füßen lahm, alles andere als selbstständig. Das erinnert uns an den Fall des Menschen und an den hilflosen Zustand, in den die Sünde den Menschen gebracht hat. Daher konnte Mefi-Boschet auch nicht zu David kommen – nein David ließ ihn holen – er musste in die Gegenwart des Königs gebracht werden. Auch der Mensch als Sünder kann nicht von selbst zu Gott kommen – nein Gott muss ihn aufspüren, sich zu ihm auf den Weg machen, ihm nahekommen, ihm nachgehen. Und David wollte ihm dann „Gottes Barmherzigkeit“ erweisen um Jonatans willen. Genau so ist auch die Barmherzigkeit und Menschenliebe Gottes uns Menschen erschienen. Ja, Gott erweist uns sündigen Menschen seine große Freundlichkeit nicht weil wir es verdient haben, sondern um Jesu Christi willen.

Mefi-Boschet bedeutet übersetzt übrigens „aus dem Mund von Schande.“ Als dieser Mann mit dem nicht sehr schmeichelhaften Namen – den er übrigens erst nach seiner Behinderung bekam, vorher hieß er Merib-Baal – aus Davids Mund vernimmt, welch großes Los er gezogen hat, welche Freundlichkeit ihm der König erweisen will, bekennt er mit seinem Mund seine eigene Nichtigkeit: „Wer bin ich, dein Knecht, dass du dich wendest zu einem toten Hunde, wie ich es bin?“ (V. 8) Und was für freundliche Worte, was für Worte der Gnade kommen dann von den Lippen Davids! Hier wird in der Tat die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes vollkommen offenbar! Mefi-Boschet wird auch seiner niedrigen Stellung der Schande erhoben, um einen Platz an der Tafel des Königs einzunehmen, ganz so „wie einer der Königssöhne“ (V. 11) Es ist dieselbe Freundlichkeit Gottes, wie sie uns auch im Evangelium von Jesus Christus begegnet. Dass Gott seinen Sohn auf die Welt sendet, um zu suchen „was verloren ist“, die Menschen zu Gott zurückzubringen. Ihnen den Weg zur Gemeinschaft mit Gott zu ebnen, dass sie als seine Kinder adoptiert werden, ja, dass sie selbst Erben werden, und dereinst in seiner Gegenwart mit für immer in vollkommener Freude leben werden. Das ist die gute Nachricht, das Evangelium von Jesus Christus, das hier in der Geschichte von David und Mefi-Boschet deutlich wird: Einer, der es nicht verdient hat, wird durch Gnade überreich beschenkt und hoch erhoben.

Wenn du dich einen Christen nennst und mit Jesus lebst, dann hast du erlebt, was Mefi-Boschet erlebt hat: du bist reich beschenkt worden! Ja, im Grunde genommen hast du noch Besseres, noch Größeres erlebt. Du bist nicht zur mit zeitlichen Segnungen beschenkt worden. Du bist nicht nur mit irdischen Segnungen beschenkt worden. Nein, im Evangelium von Jesus Christus an das du glaubst, bist du mit allem geistlichen und ewigem Segen von Gott, deinem Vater, dem Allmächtigen, beschenkt worden. Wie Eph 1,3 es schreibt: 3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus.” Im Evangelium von Jesus Christus bist du mit allem geistlichen und ewigen Segen beschenkt. Du bist reich – nein, überreich – beschenkt!

Im Grunde gibt’s nur eine Reaktion darauf, nämlich wie Mefi-Boschet zu sagen: „Gott, wer bin ich, dein Knecht, dass du dich wendest zu einem toten Hunde, wie ich es bin?“ Aber Gott hat es in seiner Liebe und Freundlichkeit getan. Er hat sich uns zugewendet, wir haben unverdient viel Gutes von Gott bekommen. Wir sind überreich beschenkt – Gott sei Dank!

Und es gibt noch eine zweite Reaktion darauf und da sind wir im Grunde wieder bei unserem ersten Gedanken. Nämlich: Diese Dankbarkeit, die wir Gott gegenüber empfinden, an andere in Form von Liebe und Freundlichkeit weiterzugeben. Denn Gottes Güte und Liebe uns gegenüber ist die eigentliche Motivation anderen Dank und Gutes zu erweisen. Ich glaube auch, dass das der eigentliche Grund bei David war, warum er so großzügig sein konnte. Natürlich hatte er mit Jonatan einen erstklassigen menschlichen Freund gehabt, gegenüber dem er Dank empfunden hat. Aber noch viel mehr hat David die Freundschaft zu Gott geprägt, dass er den Allmächtigen auf seiner Seite hatte, dass er sich von ihm geliebt und geleitet und versorgt wusste. David wusste sich überreich beschenkt, deswegen konnte er auch Mefi-Boschet reich beschenken. Dankbarkeit gegenüber unserem Nächsten ist die Frucht der Dankbarkeit Gott gegenüber – für seine große Gabe, für seine Liebe zu uns in seinem Sohn Jesus Christus. Wie der Apostel Johannes es in 1Joh 4,19 sagt: „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“