Worüber an Ostern predigen?

Feiertage wie Karfreitag und Ostern (aber natürlich auch Weihnachten) sind für jeden regelmäßigen Prediger eine besondere Herausforderung. Denn es gilt Jahr für Jahr dasselbe Thema, also die gleiche Hauptbotschaft, zu verkündigen. Natürlich mit verschiedenen Schwerpunkten, Akzentuierungen usw. – und dennoch bleibt es stets die gleiche Hauptbotschaft. Dazu kommt, dass annähernd jeder Predigthörer meint, diese Hauptbotschaft schon gut zu kennen.

Als Auslegungsprediger, der ich der festen Überzeugung bin, dass der Inhalt der Predigt stets einem konkreten Bibeltext entstammen sollte, beginnt die Themensuche also auch für Feiertage mit der Predigttextsuche. Welche Bibeltexte sind also passend für Karfreitag und Ostern? Natürlich denkt man zunächst an die Evangelientexte, die Jesu Sterben und Auferstehung berichten. Aber darüber hinaus gibt es noch jede Menge mehr… Ich denke, wenn man bei der Textwahl etwas Abwechslung hineinbringt, kann man auch den oben geschildertern Herausforderungen besser begegnen.

Karfreitag und Ostern – kurze persönliche Bilanz

Ich bin inzwischen in meinem sechsten Dienstjahr und habe mal eine Übersicht erstellt, worüber ich bisher Karfreitag und Ostern gepredigt habe:

  Karfreitag Ostern  
2012 Hebr 9,15-28 (PO IV) 1Kor 15,12-19 (PO II, Ostermontag)  
2013 Joh 11,1-53 Kol 3,1-4 (PO II, Osternacht)  
2014 1Petr 2,21-25 1Kor 15,1-7 (PO II)  
2015 Lk 23,26-49 (PO III) Lk 24,13-35 (PO I, Ostermontag) Abschluss einer Predigtreihe in der Passionszeit über ausgewählte Texte des Lk
2016 Kol 1,19-20 1Petr 3,1-5

Hinweis: PO steht für die Perikopenordnung der Evangelischen Kirchen. Ich greife äußerst selten auf Textvorschläge dieser Ordnung zurück. An Feiertagen allerdings – wie man oben sieht – schon etwas häufiger als sonst 😉

Einige Beobachtungen

Mir fällt auf, dass ich bisher relativ häufig über Brieftexte gepredigt haben (3x Karfreitag, 4x Ostern), die das Geschehene reflektieren und theologisch deuten.

Mir fällt weiter auf, dass ich nur 2015 im Rahmen einer Predigtreihe über Evangelientexte gepredigt habe, die das Geschehene von Karfreitag und Ostern direkt berichten.

Außerdem fällt mir auf, dass ich noch über keinen einzigen AT-Text gepredigt habe.

Mir fällt auf, dass die Texte von Karfreitag und Ostern im Regelfall nicht aufeinander abgestimmt sind und aufeinander aufbauen (Ausnahme 2015).

Und schließlich fällt mir auf, dass es bisher noch keine Doppelung gab (was ich auch bewusst zu vermeiden suche).

Einige Überlegungen

Ich könnte mehr Abwechslung in meine Predigten bringen, indem ich mehr Evangelientexte und vor allen Dingen auch mal AT-Texte zu Karfreitag und Ostern wähle. Letzteres bewegte mich schon vor einigen Monaten. Ich werde damit dieses Jahr beginnen und zu Karfreitag über Psalm 22, der als der Psalm des Gekreuzigten gilt, predigen. Für Ostern habe ich Psalm 18 gewählt. Es ist spannend zu überlegen, welche AT-Texte noch geeignet wären… Denn besonders Ostern und AT – das scheint ja auf den ersten Blick nicht so richtig zusammenzupassen 😉

Es stellt sich mir die Frage, ob ich in Zukunft die Texte für Karfreitag und Ostern aufeinander bezogen auswählen sollte oder gleich in eine längere oder kürze Predigtreihe einbauen sollte. 2015 habe ich das durchaus positiv in Erinnerung. Vielleicht werde ich das im nächsten Jahr wieder mal so machen…

Zum Schluss eine Frage: Über welchen (ungewöhnlichen) Text ließe es sich noch gut an Karfreitag oder Ostern predigen? Vielleicht hat ja der eine oder andere Vorschläge – solche Anregungen find ich immer sehr spannend!

 

„Hier steht das Wort Gottes im Mittelpunkt“

Vor einiger Zeit bekam ich von jemandem, der schon seit längerer Zeit regelmäßig unsere Gottesdienste besucht, ein unverhofftes Lob: „Hier steht das Wort Gottes im Mittelpunkt. Das find ich gut!“ Im weiteren Gespräch stellte sich heraus, dass mein Gesprächspartner bisher in anderen Kirchen andere Erfahrungen gemacht hatte. Dort gab es von den Kanzeln wohl überwiegend Kommentare zur Tagespolitik zu hören. „Wenn ich was zur Politik wissen will, kauf ich mir den Focus oder eine andere Zeitung“, fuhr mein Gesprächspartner fort, „aber in der Kirche da will ich was aus der Bibel hören und hier bei euch ist das so!“

Kann man sich als Pastor ein schöneres Lob vorstellen? Wohl kaum… Natürlich hat das Wort Gottes auch etwas zu politischen Fragen zu sagen – das Evangelium ist in dem Sinne nicht unpolitisch. Aber Aufgabe eines Predigers ist es nicht, die Tagespolitik mit seinen persönlichen Einschätzungen zu kommentieren. Die Aufgabe eines Predigers ist es, den Menschen Christus zu predigen, ihnen das Wort Gottes treu auszulegen, so dass sie durch und durch in ihrer ganzen Person erneuert werden (vgl. Röm 12,2).

Also liebe Prediger, habt Mut einfach das Wort Gottes zu predigen. Die Menschen wollen es hören und sie erwarten, dass sie es von euch in der Kirche hören!

Und liebe Predigthörer: ermutigt eure Pastoren und Prediger, wenn sie das tun! Ermutigung können auch sie sehr gut gebrauchen 🙂