Vorsicht vor dem „praktischen Atheismus“!

„1 Saul war … Jahre alt, als er König wurde, und zwei Jahre regierte er über Israel. 2 Er erwählte sich dreitausend Mann aus Israel. Zweitausend waren mit Saul in Michmas und auf dem Gebirge von Bethel und eintausend mit Jonatan zu Gibea in Benjamin. Das übrige Volk aber entließ er, einen jeden in sein Zelt. 3 Da erschlug Jonatan die Wache der Philister, die in Gibea war; und die Philister hörten, dass die Hebräer abgefallen waren. Saul aber hatte die Posaune blasen lassen im ganzen Land. 4 Und ganz Israel hörte: Saul hat die Wache der Philister erschlagen und Israel hat sich in Verruf gebracht bei den Philistern. Und alles Volk wurde zusammengerufen, um Saul nach Gilgal zu folgen.
5 Da sammelten sich die Philister zum Kampf mit Israel, dreitausend Wagen, sechstausend Gespanne und Fußvolk, so viel wie Sand am Ufer des Meeres, und zogen herauf und lagerten sich bei Michmas, östlich von Bet-Awen. 6 Als aber die Männer Israels sahen, dass das Volk in Gefahr und Bedrängnis war, verkrochen sie sich in die Höhlen und Klüfte und Felsen und Gewölbe und Gruben. 7 Es gingen aber auch Hebräer durch die Furten des Jordans ins Land Gad und Gilead.
Saul aber war noch in Gilgal; und alles Volk, das ihm folgte, war voll Angst. 8 Da wartete er sieben Tage bis zu der Zeit, die von Samuel bestimmt war. Und als Samuel nicht nach Gilgal kam, begann das Volk von Saul wegzulaufen. 9 Da sprach er: Bringt mir her das Brandopfer und die Dankopfer. Und er brachte das Brandopfer dar. 10 Als er aber das Brandopfer vollendet hatte, siehe, da kam Samuel. Da ging Saul ihm entgegen, um ihm den Segensgruß zu entbieten. 11 Samuel aber sprach: Was hast du getan? Saul antwortete: Ich sah, dass das Volk von mir wegzulaufen begann, und du kamst nicht zur bestimmten Zeit, während doch die Philister sich schon in Michmas versammelt hatten. 12 Da dachte ich: Nun werden die Philister zu mir herabkommen nach Gilgal, und ich habe die Gnade des HERRN noch nicht gesucht; da wagte ich’s und opferte Brandopfer.
13 Samuel aber sprach zu Saul: Du hast töricht gehandelt und nicht gehalten das Gebot des HERRN, deines Gottes, das er dir geboten hat. Er hätte dein Königtum bestätigt über Israel für und für. 14 Aber nun wird dein Königtum nicht bestehen. Der HERR hat sich einen Mann gesucht nach seinem Herzen, und der HERR hat ihn bestellt zum Fürsten über sein Volk; denn du hast das Gebot des HERRN nicht gehalten.
15 Und Samuel machte sich auf und ging von Gilgal hinauf und zog seines Weges. Die Übrigen vom Volk aber zogen hinter Saul her dem Kriegsvolk entgegen von Gilgal hinauf nach Gibea in Benjamin. Und Saul musterte das Volk, das bei ihm war, etwa sechshundert Mann. 16 Und Saul und sein Sohn Jonatan und das Volk, das bei ihnen war, blieben in Geba in Benjamin. Die Philister aber hatten sich gelagert bei Michmas. 17 Da zogen aus dem Lager der Philister drei Heerhaufen, das Land zu verheeren. Einer wandte sich in Richtung auf Ofra ins Gebiet von Schual; 18 der andere wandte sich in Richtung auf Bet-Horon; der dritte wandte sich in Richtung auf das Gebiet, das nach dem Tal Zeboïm der Wüste zu gelegen ist.
19 Es war aber kein Schmied im ganzen Lande Israel zu finden; denn die Philister dachten, die Hebräer könnten sich Schwert und Spieß machen. 20 Und ganz Israel musste hinabziehen zu den Philistern, wenn jemand eine Pflugschar, Hacke, Beil oder Sense zu schärfen hatte. 21 Das Schärfen aber geschah für ein Zweidrittellot Silber bei Pflugscharen, Hacken, Gabeln, Beilen und um die Stacheln gerade zu machen. 22 Als nun der Tag des Kampfes kam, wurde kein Schwert noch Spieß gefunden in der Hand des ganzen Volks, das mit Saul und Jonatan war; nur Saul und sein Sohn hatten Waffen. 23 Aber eine Wache der Philister zog heran gegen den engen Weg von Michmas. (1Sam 13)

In der Hoffnungslosigkeit zum Warten verdammt….

Das Volk Israel befindet sich offenbar in keiner guten Situation, als es der Kampf mit den Philistern droht. Denn kaum sehen die zusammengetrommelten Kämpfer Israels die Philister und ihre militärische Ausstattung, verlieren sie völlig den Mut. Sie bekommen es mit der puren Angst zu tun. Gestandene Männer, die kämpfen sollten, verkriechen sich in Höhlen und Gewölben. Andere rennen einfach weg und flüchten. Jeder will nur noch seine eigene Haut – sein Leben – retten. Da ist kein Mut mehr. Da ist kein Zusammengehörigkeitsgefühl mehr. Da ist keine Solidarität. Hauptsache das nackte Überleben ist gerettet. Was würde Saul, der neue König, in dieser Situation tun?

Zunächst wartete er sieben Tage – so wie von Gott befohlen – auf Samuel. „Wenn doch der Prophet endlich kommen, opfern, beten und sie segnen würde. Dann könnte der Kampf gewiss mit Mut und Gottes Segen bestritten werden“, so wahrscheinlich Sauls Hoffnung. Doch Samuel lässt auf sich warten. Tag um Tag wartet Saul – doch der große Prophet kommt einfach nicht. Und mit jeder Stunde und Minute des Wartens wird die Truppe um Saul herum kleiner und kleiner. Was also tun? Kurzentschlossen wird Saul aktiv: V. 9f 9 Da sprach er: Bringt mir her das Brandopfer und die Dankopfer. Und er brachte das Brandopfer dar.“ Selbst ist der Mann. Er selbst bringt nun die Opfer dar, die Samuel hätte opfern sollen. Die Opfer, mit denen man Gott vor dem Kampf ehren und ihm um seine Hilfe bitten wollte. Denn es musste doch endlich losgehen – oder? Wenn er noch weiter gewartet hätte, hätten sich doch auch die letzten Männer verdünnisiert…

In der Verzweiflung nicht auf Gott gehört

10 Als er aber das Brandopfer vollendet hatte, siehe, da kam Samuel. Da ging Saul ihm entgegen, um ihm den Segensgruß zu entbieten. 11 Samuel aber sprach: Was hast du getan? Saul antwortete: Ich sah, dass das Volk von mir wegzulaufen begann, und du kamst nicht zur bestimmten Zeit, während doch die Philister sich schon in Michmas versammelt hatten. 12 Da dachte ich: Nun werden die Philister zu mir herabkommen nach Gilgal, und ich habe die Gnade des Herrn noch nicht gesucht; da wagte ich’s und opferte Brandopfer.“ Samuel ist alles andere als begeistert. Und er setzt noch einen oben drauf: „Du hast töricht gehandelt und nicht gehalten das Gebot des Herrn, deines Gottes, das er dir geboten hat. Er hätte dein Königtum bestätigt über Israel für und für. 14 Aber nun wird dein Königtum nicht bestehen.“ (V. 13-14a). Rumms – das saß! Was für eine massive Strafe – Das Königtum sollte Saul genommen werden! Er würde als Herrscher keine Zukunft haben.

Warum? Weil Saul ungehorsam war und – im äußeren Druck, die Leute gingen ihm von der Fahne – nicht auf Samuel warten wollte. In diesem kurzen Moment seiner Ungeduld hat Saul alles verspielt. Denn in alledem hat König Saul im Grunde so gehandelt, als würde Gott gar nicht existieren. Als würde sein militärischer Erfolg gegen die Philister einzig und allein von einer schlagkräftigen Armee abhängen. Sein Glauben an Gott, der alles kann und Israel so oft gerettet hatte, ist ihm in diesen Momenten völlig abhanden gekommen.

Die Gefahr des „praktischen Atheismus“

Die Gefahr, um die es hier geht, wird manchmal als „praktischer Atheismus“ bezeichnet. D.h. obwohl sich jemand als gläubig bezeichnet, selbst betet und lauter Dinge tut, die gläubige Menschen tun, rechnet man nicht wirklich mit dem Eingreifen Gottes: Am Ende kommt es doch auf einen selbst an. Wenns dann z.B. finanziell eng wird, ist es mit dem Weg der Ehrlichkeit ganz schnell vorbei: Denn wie und wo soll ich sonst Hilfe kriegen, wenn ich mit Gottes Eingreifen gar nicht rechne? Oder wenn die Panikmeldungen (Corona!) auf uns einprasseln und uns das Lebensrisiko auf einmal ungeheuer groß erscheint, dann ist es mit Gelassenheit und Gottvertrauen schnell vorbei und man stürzt sich in blinden Aktionismus: Denn wer soll mich bewahren vor den Gefahren dieser Welt, wenn ich ganz aus dem Blick verloren habe, dass da ein Gott ist, der jedes Molekül dieses Universums in seinen Händen hält.

Gott behüte uns vor der Gefahr des „praktischen Atheismus“. Gott ist da. Er regiert. Er hält die Welt tatsächlich in seinen Händen. Am Ende des Tages kommt es auf ihn und sein Wirken an – wie Jesus selbst es sagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“ (Joh 15,5)

Gott geht mit!

Jakobs Treffen mit Laban liegt zurück und nun macht er sicher weiter auf Richtung Heimat. Dorthin, wo Gott ihm versprochen hatte, ihn wieder zurückzubringen als er vor seinem Bruder Esau fliehen musste. Und wie damals auf der Hinreise, als er in Bethel übernachtete und die Engel Gottes auf der Leiter auf- und niedersteigen sah, so macht er auch hier jetzt auf der Rückkehr eine ganz atemberaubende Erfahrung: „Und es begegneten ihm die Engel Gottes. Und als er sie sah, sprach er: Hier ist Gottes Heerlager, und nannte diese Stätte Mahanajim.“ (1Mose 32,2b-3) Eine Beschreibung von einem unglaublichen Ereignis, die kaum knapper sein könnte .Und wir sind wahrscheinlich neugierig, nach vielen Details: wie hast du die Engel gesehen Jakob?, Wie sahen sie aus? Haben sie etwas gesagt?

Aber wir erfahren das alles nicht. Wir erfahren nur das eine, was wirklich wichtig ist: Hier sind Gottes Engel, hier ist Begegnung mit dem Göttlichen, hier ist Gottes Gegenwart. Gott geht mit! Er ist dabei, wenn Jakob jetzt seine Reise fortsetzt. Gott geht mit, wenn Jakob jetzt wieder in seine Heimat zieht. Der Gott, der ihn die ganzen Jahre begleitet und bewahrt hat – auf der Reise hin zu Laban, im Dienst bei diesem schwierigen Onkel, zuletzt beim feindlichen Aufeinandertreffen mit ihm – dieser Gott, der stets Jakob begleitet und bewahrt hatte, er geht auch jetzt mit. Er ist auch jetzt mit dabei. Er ist Jakob treu, auf ihn ist Verlass. Gott ist gegenwärtig!

Zugegeben, nur zu gerne würde ich auch einmal solch eine Erfahrung machen. Einen Einblick bekommen in die geistliche Welt und einmal mit eigenen Augen sehen, wie Gott durch Engel, durch seinen Heiligen Geist oder ganz direkt in dieser Welt gegenwärtig ist und in meinem Leben wirkt. Aber solche Einblicke in diese geistlichen Dinge gewährt Gott nur in Ausnahmefällen. Für die meiste Zeit sind wir aufgefordert, einfach seinem Wort zu vertrauen, dass uns klipp und klar sagt, dass Gott mit uns geht. Auch wenn uns keine Engel begegnen und wir ihn nicht sehen. In Ps 23,4 heißt es: Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ Gott geht mit, er ist bei uns gerade in den finsteren Tälern. Er verlässt uns nicht. Und noch deutlicher sagt es Jesus Christus selbst: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; 28 und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ (Joh 10,27-28). Bei mir, sagt Jesus, hast du eine unglaubliche Sicherheit – trotz aller Bedrohungen und Gefahren, die dir richtig Angst machen können. Er sagt zu uns als seinen Jüngern: Ich bin bei dir, du bist mein, niemand wird dich jemals mir entreißen können.

Wenn du mehr über Gottes Treue in bedrohlichen Zeiten und wie man in Geduld an ihr festhalten kann, hören willst, dann hast du die Gelegenheit hier in meine Predigt „Bedrohliche Bedingungen – oder: wie Jakob Esau zu besänftigen versucht“ (1Mose 32,2-22) reinzuhören.