Warum ich nicht für die „Ehe für alle“ bin

Nachdem in den letzten Tagen nach SPD und Grünen auch die FDP erklärt hat, die Einführung der sogenannten „Ehe für alle“ zur Koalitionsbedingung zu machen, scheint es jetzt auf einmal sehr schnell zu gehen. Wie man der aktuellen Berichterstattung entnehmen kann, soll der Deutsche Bundestag wohl noch in dieser Woche ein entsprechendes Gesetz zur Einführung der sogenannten „Ehe für alle“ verabschieden.

Doch was ist aus christlicher Sicht dazu zu sagen? Sollten Christen – auch wenn sie gelebte Homosexualität entsprechend dem biblischen Befund als Sünde verstehen – nicht auch für die „Ehe für alle“ sein? Schließlich wollen wir doch unsere Glaubensüberzeugungen nicht anderen aufzwängen oder? Und außerdem, so hört man oft, würde traditionellen Ehen und Familien doch nichts weggenommen werden, wenn der Ehebegriff auch auf homosexuelle Partnerschaften erweitert wird.

Die Bibel sieht die Ehe als Schöpfungsordnung Gottes (1Mose 1-2). Sie ist allen Menschen aller Kulturen und Religionen gegeben (und nebenbei bemerkt: ist es nicht interessant, dass es die Ehe in fast allen Kulturen gibt?) In aller Kürze drei Aspekte die für ein biblisches Eheverständnis grundlegend sind:

  1. Die bipolare Ergänzung von Mann und Frau

Man beachte in 1Mose 2,18 die Feststellung: „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sein.“ Danach führt Gott Adam zunächst die ganzen Tiere vor, damit er sie benennen würde. Viele, viele Tiere unterschiedlichster Art ziehen an Adam vorüber, aber das Fazit in V. 20 ist eindeutig: „aber für den Menschen ward keine Gehilfin gefunden, die um ihn wäre.“ Erst danach überkommt Adam ein tiefer Schlaf und Gott erschafft die Frau. Als Adam sie das erste Mal erblickt, bricht die Begeisterung aus ihm heraus: „Das ist doch Bein und Fleisch von meinem Fleisch!“ (V. 23) Wir halten fest: die bipolare Ergänzung von Mann und Frau ist ganz wesentlich für ein biblisches Eheverständnis.

  1. Sexualität

In 1Mose 2,24 heißt es „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und sie werden sein ein Fleisch“. Zum biblischen Eheverständnis gehört auch die Sexualität grundlegend hinzu. Für die Ehe hat Gott Sexualität geschaffen, hier soll sie gelebt werden.

  1. Fortpflanzung

In 1Mose 1,28 lesen wir das erste Gebot der Bibel. Gott spricht zu den Menschen: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde.“ Die Ehe ist prinzipiell auf Fortpflanzung angelegt. Dass nicht jede einzelne Ehe Kinder hervorbringt, tut dieser grundsätzlichen Tatsache keinen Abbruch.

Es wird deutlich, dass auf die sogenannte „Ehe für alle“ längst nicht alle Punkte zutreffen. Aber warum sollte sich staatliches Handeln am biblischen Eheverständnis orientieren?

Nun, nach der Schrift ist die staatliche Obrigkeit, als „Gottes Dienerin“, dazu verpflichtet, das Gute zu fördern und das Böse zu bekämpfen (Röm 13,1-4). Weil sie in Ehe und Familie etwas Gutes und Wertvolles erkannten, haben die Väter des Grundgesetzes diese zu Recht unter besonderen Schutz gestellt (Art. 6). Schließlich sind Ehe und Familie Keimzelle der Gesellschaft und als solche Voraussetzung für ein gesunde Gesellschaft. Andererseits ergibt sich daraus auf der anderen Seite eben dann auch, dass der Staat schöpfungswidriges Verhalten in keiner Weise fördern oder aufwerten sollte.

Letzteres trifft eben auch auf die sogenannte „Ehe für alle“ zu. Gleichgeschlechtliche Sexualität kann eben grundsätzlich nicht dem Leben schaffenden Schöpferwillen Gottes gerecht werden, wie ihn 1Mose 1,28 zum Ausdruck bringt. Stellen wir uns nur mal vor, dass das in unserer Gesellschaft vorherrschende heterosexuelle Verhalten durch homosexuelles Verhalten vollständig ersetzt würde. Unsere Gesellschaft verlöre ihre Zukunftsfähigkeit und genau diese aufrechtzuerhalten, ist die Pflicht und auch im Interesse des Staates. Andererseits sollte man auch bedenken, dass die Ergänzung von Mann und Frau eine wichtige Voraussetzung für eine normale Entwicklung und Erziehung von Kindern ist. Es ist bezeichnend und traurig, dass die Frage nach dem Kindeswohl in der Debatte um die sogenannte „Ehe für alle“ kaum vorkommt. Stattdessen wird von Gleichberechtigung und angeblicher Diskriminierung schwadroniert.

Aus Christ lehne ich aus diesen Gründen die sogenannte „Ehe für alle“ ab. Im Endeffekt wird die Ehe selbst mit diesem Vorhaben abgeschafft. „Ehe für alle“ ist letztendlich Ehe für keinen, wie auch ein FAZ-Journalist treffend kommentiert.

Aber ich mache mir keine Illusionen. Die „Ehe für alle“ wird kommen. Für mich ein deutliches Beispiel, dass Christen, die der Schrift treu bleiben wollen, in zunehmendem Maße zu gesellschaftlichen Außenseitern werden. Können wir damit umgehen?

13 Gedanken zu „Warum ich nicht für die „Ehe für alle“ bin

  1. Lieber Wolfram, recht hast Du, und dazu auch das Recht, so deutlich zu sagen, was viele Christen leider nur denken und nicht sagen!

  2. Was ein Christ macht oder nicht, was die politische christliche Organisation Kirche macht oder nicht, ist und sollte wohl von der Bibel geleitet werden.
    Der Staat Bundesrepublik Deutschland, ist nun aber nicht der verlängerte Arm der Kirche.
    Es geht mit „Ehe für Alle“ also nur um die staatlich, rechtliche Verfahrensweise. Eine Standesamtliche Gleichstellung.
    Was Kirchen daraus mache, ob sie das anerkennen, ob sie Trauungen in der Kirche an das Geschlecht koppeln oder nicht, ist ihre Sache, auch das ist gut so.
    Wer also homosexuell und Christ ist, kann selbst entscheiden wie er seinen Glauben lebt. Die Kirche kann wiederum Entscheiden ob sie diese Entscheidung mit trägt oder nicht.
    Konsequent zu sein ist sowieso kaum möglich. Kinderlose Ehen müssten dann ja auch aufgelöst werden. Hat man früher ja auch gemacht.
    Die politische Organisation Kirche wird sich wohl anpassen um Stress aus dem Weg zu gehen. Aber das ist Sache ihrer Mitglieder und nicht des Staates.

  3. DANKE, lieber Wolfram, für diese klaren Worte.

    Seit gestern hat unsere Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel das Thema auch aufgegriffen. Die Union hatte die völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften bislang abgelehnt. Die Zeitschrift ZEIT schreibt dazu folgendes:
    „Merkel war zuvor vom klaren Nein der CDU zur gleichgeschlechtlichen Ehe abgerückt. Die CDU-Vorsitzende erklärte am Montagabend in Berlin, sie wünsche sich eine Diskussion, die „eher in Richtung einer Gewissensentscheidung geht“.

    Bei einer Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang gilt eine Mehrheit für die Ehe für alle als sicher. Merkel soll diese Linie Agenturberichten zufolge mit CSU-Chef Horst Seehofer abgesprochen haben.

    Wenn das so kommen sollte dann frage ich mich, was eine Partei die sich „christlich“ nennt, unter „christlich“ genau versteht. Mit Gottes Wort der Bibel hat das „christlich“, nach meinem Verständnis, eher nichts zu tun.

    HERZLICH(S)T
    Klaus

  4. @ gripseljagd
    Danke für deinen Kommentar.
    Ich denke nicht, dass es quasi beliebig ist, was der Staat für Rechtsordnungen beschließt, auch wenn er natürlich nicht der „verlängerte Arm der Kirchen“ ist.
    Denn wie ich in meinem Beitrag geschrieben habe, kann die sogenannte „Ehe für alle“ eigentlich nicht wirklich im Interesse des Staates sein.

  5. „beliebig“ na ja es geht ja wohl eher um eine demokratische Abstimmung und Mehrheiten. Wenn mehrheitlich gewisse Entscheidungen getroffen werden, dann kann der Einzelne sich natürlich da nicht unbedingt wiederfinden.
    Das mit dem Interesse des Staates, verstehe ich nicht. Der Staat soll doch die mehrheitliche Meinung des Volkes umsetzen, es geht also um allgemeines Interesse der Bevölkerung. Welche negativen Auswirkungen auf die Allgemeinheit soll es denn haben, wenn 2% Homosexueller jetzt statt Gemeinschaft, Ehe sagen können?

  6. @ gripseljagd
    Ja, das ist eine Mehrheitsentscheidung des Bundestags und insofern nehm ich das auch hin. Nichtsdestotrotz kann man ja eine andere Meinung haben und auch öffentlich vertreten 😉
    Man kann es natürlich so sehen, dass mit dem heute verabschiedenen Gesetz (weil die rechtliche Gleichstellung ja größtenteils schon längst erfolgt ist) sich lediglich die Begrifflichkeiten ändern…. Nur, wenn es wirklich nur um Begriffe geht, warum war es dann den Befürwortern der „Ehe für alle“ so wichtig, dass sie kommt? Ich denke, es geht nicht nur um Begriffe. Denn jeder Begriff ist auch mit bestimmten inhaltlichen Konzepten verbunden und insofern hat das langfristig auf das Denken der Menschen schon Auswirkungen…

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  8. Lieber Wolfram, ehrlich gesagt, habe ich mich über deine ‚lange‘ Erklärung etwas gewundert. Ist es wg. Röm 1,21ff nicht klar, daß die „Ehe für alle“ nicht Gott-gewollt ist?

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  11. Was ist von folgender Argumentation zu halten, die die Frage von Klaus Kopruch mit einem klaren Nein beantwortet, und zwar ohne Rückgriff auf die Historisch Kritische Methode:

    Röm. 1,21ff und analoge Stellen thematisieren nur eine Unterart der Homosexualität, und zwar eine solche, der eine Weigerung zu Grunde liegt, dem Schöpfergott die ihm gebührende Ehre zu erweisen. Mithin handelt es sich um Personen, die im Wesentlichen ursprünglich heterosexuell ausgerichtet sind und erst durch die angesprochene Hybris in die ihrer eigenen Natur widersprechende Praxis dahingegeben werden. In der Seelsorge begegnen uns aber auch andere Ursachen der Homosexualität, so z.B. frühkindliche Traumata. Auch genetische Besonderheiten können nicht ausgeschlossen werden, wobei vermeintlich betroffene Menschen Wert darauf legen, ihre Neigung nicht als Krankheit abzustempeln. Über die sagt Paulus hier nichts aus.

    Desweiteren benutzt Paulus in dem Zusammenhang nicht das Wort „Sünde“ (gr. hamartía), sondern „Unehre“ (gr. atimía). „Unehre“ teilt aber nicht im selben Ausmaß die überzeitliche Gültigkeit mit dem Sündenbegriff.

    Um aus der Römerstelle eine generelles Verbot der Homo-Ehe für Christen abzuleiten, fehlt es dem Text offensichtlich an Stringenz.

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